Thema des Tages

20-01-2017 14:40

Aufgeklärtes Aufklaren

Zur Veranschaulichung finden Sie im Anhang eine Grafik der
morgendlichen Minima des heutigen Freitags kombiniert mit den
aktuellen Schneehöhen. Daran erkennt man sehr schön, dass in der Tat
ein Zusammenhang zwischen besonders kalten und dazu schneereichen
Regionen besteht. Während entlang des Rheins (schneefrei)
beispielsweise die Frühwerte meist zwischen minus 3 und minus 9 Grad
im einstelligen Frostbereich lagen, gab es im tiefverschneiten Bayern
verbreitet strengen Frost zwischen minus 10 und minus 17 Grad.

Wie kommen nun besonders tiefe Temperaturen zustande? In den
Nachtstunden gibt die Erdoberfläche die tagsüber aufgenommene Energie
(kurzwellige Einstrahlung der Sonne) als langwellige Ausstrahlung an
die Atmosphäre ab (Wärmestrahlung). Bei vorhandener Wolkendecke wird
ein Teil dieser Energie reflektiert und wieder zum Boden
zurückgeworfen, die Abkühlung ist dadurch deutlich vermindert. Daher
ist ein klarer Himmel Grundvoraussetzung für einen kontinuierlichen,
bodennahen Abkühlungsprozess. Über der "weißen Pracht" kommt nun das
hohe Reflexionsvermögen (Albedo) des Schnees zur Geltung.
Insbesondere über frischen (noch nicht verunreinigten) Schneeflächen
wird die solare Strahlung tagsüber nahezu vollständig reflektiert,
eine starke Erwärmung der Oberfläche findet also erst gar nicht
statt. Umso effektiver erfolgt somit die nächtliche Abkühlung.

Darüber hinaus wirkt eine frische Schneedecke mit ihren zahlreichen
Lufteinschlüssen auch isolierend, die nächtliche Abgabe der darunter
befindlichen Bodenwärme wird unterbunden. Erdbeerbauern können
diesbezüglich "ein Lied davon singen". Zur Vermeidung von Fäulnis
werden die Früchte im Frühjahr gerne von Stroh oder Holzwolle
unterlegt, was eine starke Abkühlung der bodennahen Luftschichten zur
Folge hat. In der Konsequenz liegen die Erdbeeren zwar trocken,
drohen aber zu erfrieren.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass auch der Wind eine
wesentliche Rolle bei den angestellten Betrachtungen spielt. Bleibt
dieser während der Nachtstunden lebhaft, so wird die Bildung von
flachen "Kaltluftseen" infolge der permanenten Durchmischung
erheblich erschwert, wodurch es milder bleibt.

Und wie geht es nun hierzulande mit dem Wetter weiter? Kurz gesagt:
ohne wesentliche Änderungen. Das wetterbestimmende Hochdruckgebiet
"Brigitta" bleibt stabil. Dort, wo also bereits Schnee liegt, wird
dieser größtenteils erhalten bleiben (ein bisschen "Schwund" durch
Sublimation gibt es immer). Da der vorhandene Schnee aber weiter
"zusammensacken" - sprich - sich verdichten wird, minimieren sich
auch die Lufteinschlüsse, weshalb seine isolierende Wirkung sowie die
Ausstrahlungseigenschaften nicht mehr ideal sind. Auch wenn die
Nächte also insbesondere über dem Südosten Deutschlands im strengen
Frostbereich unter minus 10 Grad weiterhin knackig kalt bleiben, so
liegen die Tiefstwerte in den kommenden Tagen doch etwas über denen
der Vortage. Daher kann konstatiert werden, dass der Höhepunkt der
Kältewelle trotz ausbleibender, durchgreifender Milderung vorerst
überschritten ist. Alles in allem bleibt es mit Ausnahme des Nordens
hochwinterlich.

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.01.2017

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