Thema des Tages

22-01-2017 14:40

Faszination Winterwetter - eine gefährliche Schönheit

In den vergangenen Wochen kam es durch rekordverdächtige Eiseskälte
europaweit zu über 60 Kältetoten. Am 7. Januar, an dem das orthodoxe
Weihnachtsfest gefeiert wird, zeigte das Thermometer in Moskau eine
Temperatur von -29,9 Grad Celsius an, wie sie an diesem Tag seit
knapp 30 Jahren nicht mehr gemessen worden waren. Im nordnorwegischen
Kautokeino wurden am 04.01. sogar Temperaturen von -42,4 Grad
beobachtet.

Nach Tief EGON, dass in der vergangenen Woche ausgerechnet am
Freitag, dem 13.01. für Böen bis in den Orkanbereich und besonders
für die Berglagen auch so einiges an Schnee sorgte, steht seit dem
vergangenen Wochenende in Deutschland wieder zunehmender
Hochdruckeinfluss durch Hoch "BRIGITTA" auf dem Programm.
Entsprechend blieb die Wetterküche "kalt" und beim servierten Wetter
wurde deutlich an Gewürzen gespart. Nur im Norden und Osten
Deutschlands floss etwas feuchtere und mildere Meeresluft ein, die
dort zeitweise bei örtlichem Sprühregen und Belagstemperaturen unter
dem Gefrierpunkt zu Glatteis führte. Sonst blieb es in der
gealterten, eisigen Kaltluft bei Temperaturminima teils unter -20
Grad ruhig.

Im Süden Europas geht es in diesem Winter ebenfalls ungewöhnlich
winterlich zu. Besonders die Abruzzen, die als nördlichste Region
Süditaliens gelten, wurden zu Beginn dieser Woche von massiven
Schneefällen heimgesucht (wir berichteten bereits im gestrigen Thema
des Tages). In Valle Castellana, etwa 40 km nordwestlich von
Farindola, konnten auf einer Höhe von nur 625 Metern um 2,50 m
Neuschnee in etwa 48 Stunden verzeichnet werden. Selbst für die
Gipfellagen der Alpen sind diese Neuschneemengen in solch kurzer Zeit
nur schwer zu erreichen. Am Mittwochabend kam es dann zu einem
Lawinenabgang, bei dem ein Hotel nahe Farindola verschüttet und etwa
35 Personen eingeschlossen wurden. Es wird vermutet, dass die Lawine
durch mehrere Erdbeben, die diese Region vergleichsweise besonders
häufig heimsuchen, ausgelöst wurde. Aufgrund der für die Region
außergewöhnlichen Schneemassen wurden Rettungsaktionen deutlich
erschwert. Trotzdem gab es am vergangenen Freitag die freudige
Nachricht von 9 Überlebenden, die zwischenzeitlich aus den weißen
Massen befreit werden konnten, nachdem sie über 40 Stunden lang bei
eisiger Kälte eingeschlossen waren. In weiteren Regionen
Mittelitaliens sind ebenfalls viele Haushalte bereits seit mehreren
Tagen ohne Strom und Heizung oder teilweise sogar komplett von der
Außenwelt abgeschnitten.

Aber nicht nur Europa bekommt zurzeit die Launen des Winters zu
spüren. Auch in Teilen der USA zeigt sich der Winter von seiner
beeindruckenden Seite. Dort sorgte zunächst der Wintersturm JUPITER
zu Beginn der letzten Woche an der Westküste für über 30 cm Schnee,
was in der Metropolregion um Portland (Oregon) laut dem
amerikanischen Wetterdienst seit etwa 22 Jahren nicht mehr beobachtet
werden konnte. Auch das Hochgebirge der Sierra Nevada hatte mit
heftigem Schneefall von bis zu 2 m in 48 Stunden zu kämpfen. Über
eine Woche akkumuliert konnten dort sogar Schneemengen von teils über
3,50 m registriert werden. Im weiteren Verlauf der Woche griff
JUPITER auf den zentralen Süden und den Mittleren Westen über. Von
Texas über Oklahoma und Kansas bis nach Kentucky und Indiana ging der
Schnee auch teilweise in Regen über, der bei Temperaturen unterhalb
des Gefrierpunktes zu extremem Glatteis führte. Im Gegensatz zu dem
zwar nicht zu verharmlosenden Glatteis im Norden und Osten
Deutschlands, bei dem örtlich "nur" etwa 0,1 bis 0,2 mm Regen gefror,
führten die in den USA beobachteten Niederschlagssummen zu einem
teils 3 cm dicken Eispanzer. In der Folge kam es nicht nur zu
massiven Verkehrsbehinderungen, in einigen Regionen kam es zu
Ausfällen im Stromnetz, Äste stürzten auf die Straßen und ganze Bäume
brachen unter der Last des Eises zusammen.

Im Verlauf der vergangenen Woche griff dann der nächste Wintersturm
namens KORI auf den Westen der USA über und sorgte dort besonders in
höheren Lagen für weitere massive Schneefälle. In tieferen Lagen fiel
dagegen überwiegend Regen, teils konnte jedoch erneut heftiger
gefrierender Regen beobachtet werden. So gab es unter anderem im
Bundesstaat Washington Meldungen über einen bis zu 5 cm dicken
Eisansatz. Im weiteren Verlauf überquerte KORI die Plains und sorgt
aktuell überwiegend in den Südstaaten für teils heftige Gewitter, ab
Montag im Nordosten für einen Mix aus Schnee und Regen.

Als wäre das Ausmaß dieser beiden Stürme nicht beeindruckend genug,
so kam es in den vergangenen beiden Wochen besonders in den
Südstaaten zu kräftigen Gewitterzellen. Dabei konnten teilweise sogar
einige Tornados beobachtet werden, die mit erheblichen Schäden
verbunden waren. Am heutigen Sonntag warnt der amerikanische
Wetterdienst erneut in dieser Region vor unwetterartigen Gewittern
und einzelnen Tornados.

Die Westküste der USA findet auch weiterhin keine Ruhe. So greift
aktuell bereits der nächste pazifische Wintersturm auf die westlichen
Bundesstaaten über. Dabei muss erneut in Berglagen mit starkem
Schneefall, in tieferen Lagen mit Regen gerechnet werden. Durch die
hohen Niederschlagssummen besteht besonders im von Waldbränden
vergangenen Sommer heimgesuchten südlichen Kalifornien die Gefahr von
Überschwemmungen und Schlammlawinen. Im weiteren Verlauf wird auch
dieser Sturm, dessen Niederschlag teils als Schnee, teils als Regen
niedergehen wird, die USA von den Plains über den Mittleren Westen
und die Great Lakes hinweg überqueren.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.01.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst