Thema des Tages

07-02-2017 14:40

Die "gefühlte Temperatur"


Die Meteorologie ist eine Wissenschaft, die gemeinhin auch als Physik
der Atmosphäre bezeichnet wird. Die Vorgänge in der Atmosphäre können
mit einer Vielzahl von mathematisch-physikalischen Formeln
beschrieben werden. Da das Wetter und insbesondere die Temperatur das
Wohlbefinden des Menschen beeinflussen und sich unterschiedlich
"anfühlen" können, wurden Möglichkeiten entwickelt, um deren Einfluss
auf den menschlichen Körper zu berechnen.

Eine dieser Möglichkeiten ist die "gefühlte Temperatur". Denn das
Temperaturempfinden eines Menschen hängt nicht nur von der
tatsächlich herrschenden Lufttemperatur ab, die standardmäßig in zwei
Meter Höhe gemessen wird, sondern auch von weiteren meteorologischen
Messgrößen wie z. B. der Windgeschwindigkeit und der Luftfeuchte. Die
"gefühlte Temperatur" würde der gemessenen Lufttemperatur
entsprechen, wenn man der Temperatur entsprechende Kleidung trägt,
eine mittlere Luftfeuchtigkeit und Windstille herrscht und man sich
zudem nur im Schatten aufhält. In der Sonne und bei hohem
Wasserdampfgehalt der Luft wird die Temperatur höher empfunden, bei
Wind tiefer. Vor allem im Winter sorgt der Wind für einen
zusätzlichen "Fröstelfaktor".

Im Deutschen Wetterdienst wird die gefühlte Temperatur nach dem
sogenannten "Klima-Michel-Modell" berechnet, das den Wärmehaushalt
eines Modellmenschen bewertet. Der "Klima-Michel" ist eine männliche
Person mit einer Größe von 1,75 m, einem Gewicht von 75 kg und etwa
35 Jahre alt. Dann ist sein Wärmehaushalt hierbei im Wesentlichen von
der Luftfeuchte, der Sonneneinstrahlung und der Windgeschwindigkeit
abhängig. Bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind lieg5t die
gefühlte Temperatur unter der Lufttemperatur, Sonneneinstrahlung und
schwacher Wind lassen die gefühlte Temperatur über die Lufttemperatur
ansteigen.

Der gefühlten Temperatur wird ein bestimmter Bereich zugeordnet, bei
der wir uns wohl fühlen, der sogenannte "Behaglichkeits- oder
Komfortbereich". Ist es kälter oder wärmer, leiden wir unter
Kältestress oder Wärmebelastung. Je weiter sich die gefühlte
Temperatur vom Komfortbereich entfernt, umso stärker werden Herz,
Kreislauf und periphere Blutgefäße belastet.

Aktuell sind vor allem in den östlichen Landesteilen die gefühlten
Temperaturen beeindruckend. In der dort eingeflossenen Kaltluft fühlt
sich der leichte Dauerfrost im Zusammenspiel mit dem mäßigen, an den
Küsten teils stark böigem Wind noch deutlich kälter an. So werden z.
B. auf Rügen Höchstwerte um den Gefrierpunkt erwartet, die gefühlte
Temperatur liegt tagsüber aber bei -8 Grad. In Berlin fühlen sich -1
Grad wie etwa -7 Grad an. An den Alpen jedoch kann bei zeitweiligem
Sonnenschein die gefühlte Temperatur höher als die tatsächliche sein.
In Garmisch-Partenkirchen z. B. sollen die tatsächlichen Temperaturen
um die Mittagszeit bei 5 Grad liegen, mit Hilfe der Sonne werden
diese sogar 7 bis 8 Grad wärmer empfunden.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.02.2017

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