Thema des Tages

14-02-2017 14:40

Sicher unterwegs auch abseits der Pisten


Während sich die Gedanken der meisten Flachlandbewohner angesichts
der milden Temperaturen schon zunehmend um den Frühling drehen,
kommen eingefleischte Wintersportler in den Alpen auch im Spätwinter
und im Frühjahr noch voll auf ihre Kosten. Die schon deutlich
längeren Tage, die im Durchschnitt höheren Temperaturen und die guten
Pistenverhältnisse lassen das Herz eines jeden Wintersportlers noch
einmal höher schlagen. Wird allerdings bei der Ausübung des Sports
der gesicherte Skiraum verlassen, muss unbedingt die aktuelle
Lawinensituation beachtet werden.

Daher ist es praktisch und hilfreich, dass seit diesem Winter in der
WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes nicht nur die hauseigenen
Wetter- und Unwetterwarnungen ersichtlich sind, sondern auch Hinweise
auf weitere Naturgefahren von unseren Partnern zur Verfügung gestellt
werden. Dazu zählt neben den Sturmflutwarnungen und
Hochwasserinformationen auch die Einschätzung der Lawinengefahr im
bayerischen Alpenraum. Diese wird von der Lawinenwarnzentrale Bayern
im Bayerischen Landesamt für Umwelt während der Wintersaison täglich
aktualisiert um 07:30 Uhr zur Verfügung gestellt.

Den Nutzern stehen dabei zwei unterschiedliche Informationsarten zur
Verfügung. Zum einen wird die Lawinengefahr auf einer Skala von 1 bis
5 eingeschätzt (sog. Lawinengefahrenstufen), zum anderen kann ein
ausführlicher Lawinenlagebericht zum Selbststudium verwendet werden.
In diesem Beitrag wird primär die Lawinengefahrenskala behandelt, für
ein umfassendes Verständnis der Lawinensituation sollten aber immer
beide Informationsarten genutzt werden.

Im Jahre 1993 einigten sich mehrere Lawinenwarndienste Europas
darauf, den zuvor bestandenen Wildwuchs an Lawinengefahrenskalen zu
beenden und die Lawinengefahr fortan einheitlich in fünf Stufen
anzugeben. Diese europäische Lawinengefahrenskala beginnt seitdem bei
der Stufe 1 (geringe Gefahr) und endet bei Stufe 5 (sehr große
Gefahr). Mäßige Gefahr wird mit der Stufe 2 klassifiziert, erhebliche
Gefahr mit der Stufe 3. Ist die Stufe 4 aktiv, muss mit großer Gefahr
gerechnet werden. Jene, die mit unseren Wetterwarnungen vertraut
sind, werden die zufällige Ähnlichkeit mit dem Warnsystem des
Deutschen Wetterdienstes erkennen. Mit Ausnahme der geringen Gefahr
findet jede Gefahrenstufe eine Äquivalenz in unserem 4-stufigen
Warnmanagement (inklusive der Farbskala). Die rot eingefärbte große
Lawinengefahr würde beispielweise unserer roten Unwetterwarnung
entsprechen.

Die Festlegung der Lawinengefahrenstufen erfolgt natürlich nicht
willkürlich oder nach persönlichem Gutdünken des Prognostikers,
sondern ist an maßgebliche Kriterien gebunden. Zum einen fließt die
Schneedeckenstabilität, zum anderen die
Lawinenauslösewahrscheinlichkeit und der Umfang der Gefahrenstellen
ein. Zudem wird auch die Zusatzbelastung berücksichtigt, die zur
Lawinenauslösung führen kann. Bei der Stufe 2 ist die Schneedecke an
einigen Steilhängen nur mäßig, sonst allgemein gut verfestigt.
Lawinenauslösungen sind insbesondere bei großer Zusatzbelastung (z.B.
zwei oder mehrere Skifahrer) vor allem in den als gefährlich
angegeben Steilhängen möglich, große spontane Lawinen sind nicht zu
erwarten. Bei Stufe 4 ist die Schneedecke hingegen an den meisten
Steilhängen schwach verfestigt und die Lawinenauslösung ist bereits
bei geringer Zusatzbelastung (z.B. ein einzelner Skifahrer) an
zahlreichen Steilhängen wahrscheinlich. Fallweise sind spontan (d.h.
ohne äußere Einwirkung) viele mittlere, mehrfach auch große Lawinen
zu erwarten (Quelle: avalanches.org). Besonders bei den Stufen 4 und
5 steigt die Gefahr meist auch für exponierte Verkehrswege und es
muss mit temporären Straßensperrungen gerechnet werden.

Die Lawinengefahrenstufen werden zudem regional differenziert
ausgegeben. Dazu teilte der Lawinenwarndienst Bayern die bayerischen
Alpengebiete in sechs verschiedene Regionen ein, die jeweils
topographisch, klimatologisch und hinsichtlich der Schneedecke meist
ähnliche Eigenschaften vorweisen. Ganz im Westen beginnt es mit der
Region der Allgäuer Alpen und endet im Osten bei den Berchtesgadener
Alpen. Da die Lawinengefahr nicht über alle Höhenstufen gleich
verteilt ist, können für eine Region je nach Höhenlage auch zwei
Gefahrenstufen gelten.

Im ebenfalls verfügbaren Lawinenlagebericht sind zudem noch wertvolle
Zusatzinformationen vorhanden. Darin werden die Lawinengefahr
ausführlich beschrieben und der Aufbau der Schneedecke genau
analysiert. Die Tendenz der Lawinengefahr und die weitere
Wetterentwicklung findet man am Ende des Berichts. Heute ist die
Lawinengefahr in allen sechs Regionen über alle Höhenstufen gering.
Unter Berücksichtigung der Eigenverantwortung steht dem
Wintervergnügen abseits der Pisten also nichts im Wege.


Mag. rer. nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.02.2017

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