Thema des Tages

05-03-2017 14:40

Frühling für einen Tag


?Was war das doch gestern für ein toller Frühlingstag? mag der eine
oder andere denken, wenn er heute aus dem Fenster schaut. Und
tatsächlich fühlte man sich gestern angesichts der Höchstwerte um
mehr als einen Monat in die Zukunft versetzt. Vögel zwitscherten,
Krokusse und Narzissen öffneten die Blüten und auch die ersten Bienen
und Zitronenfalter sonnten sich auf den verschiedenen Frühblühern.
Gewiss ? nicht überall war es gestern sonnig und mild. Im Norden von
Schleswig- Holstein wurden gerade einmal 8 Grad erreicht. Dennoch,
die große Mehrheit der Deutschen kam in den Genuss von 15 bis 20
Grad.

Aber wie kam es eigentlich dazu? Schauen wir zunächst auf die
Großwetterlage. Über Westeuropa befand sich am gestrigen Samstag ein
umfangreiches und kräftiges Tief, das weit nach Süden bis in den
westlichen Mittelmeerraum reichte. Mit der um ein Tief entgegen des
Uhrzeigersinns strömenden Luftbewegung, wurden sehr warme Luftmassen
aus Süden nach Deutschland transportiert. Vor allem in Österreich war
auch ein wenig Saharastaub mit dabei.

Am wärmsten ist es am gestrigen Tage vor allem an den Nordhängen der
Alpen und auch Mittelgebirge geworden. Das ist nicht weiter
überraschend. Mit der südlichen Anströmrichtung kam nämlich gestern
ein weiterer Effekt zum Tragen: Der Föhn.
Dabei handelt es sich um einen trockenen und warmen Fallwind im Lee
der Berge (also auf der windabgewandten Seite). Mit der südlichen
Strömung staut sich die Luft auf der windzugewandten Seite (Luv) und
da sie nirgendwo anders hin kann, beginnt sie aufzusteigen. Es bilden
sich Wolken aus denen Regen oder Schnee fällt. Die Luft kühlt sich
beim Aufsteigen ab, mit Wolkenbildung und damit Sättigung allerdings
weniger schnell. Wenn die Luft den Alpenkamm überquert hat, beginnt
sie nach unten zu fallen (sie ist durch Abkühlung deutlich schwerer
als die sie umgebende Luft). Dadurch lösen sich die Wolken auf und
die Luft beginnt sich zu erwärmen. Das geht durch die nicht mehr
vorhandene Sättigung deutlich schneller, als die Abkühlung auf der
gesättigten Luvseite. Als Ergebnis erreicht die Luft die Täler als
warmer Fallwind.

Klassisch und auch am eindrucksvollsten ist der Föhn durch die
Überströmung der Alpen, aber auch im Lee der Mittelgebirge lässt sich
dieser durchaus wiederfinden und sorgt dafür, dass die Höchstwerte
gut und gerne 1 bis 3 Grad über denen der umliegenden Stationen
liegen. Die höchsten Werte wurden dennoch in Bayern gemessen. In
Wielenbach zeigte das Quecksilber ein Maximum von 20.4 Grad an, in
Rosenheim und Schwandorf waren es noch 19.7 Grad. Dass es noch etwas
wärmer geht, zeigten zahlreiche Stationen in der Schweiz und in
Österreich. Der absolute Spitzenwert wurde in Wien (Marienbrunn) mit
22.2 Grad gemessen. Da ließ es sich mit T-Shirt und einem Eis gut
aushalten.

Die Kehrseite des starken Föhns sind die enormen
Windgeschwindigkeiten, die damit erreicht werden. Durch den Anstau
der Luftmassen auf der Leeseite der Berge herrscht dort ein
Luftdrucküberschuss (Luvhoch) und auf der windabgewandten Seite ein
Defizit (Leetief). Je stärker die Luftdruckgegensätze sind, desto
kräftiger weht der Föhn. Gestern wurde an den Alpen immerhin ein
Druckgegensatz von zum Teil mehr als 16 hPa gemessen! Die höchsten
Windgeschwindigkeiten wurden natürlich auf den Berggipfeln erreicht.
Auf der Zugspitze gab es Windgeschwindigkeiten bis 174 km/h! Schaut
man sich die Messnetze der Österreicher und Schweizer an, so findet
man zahlreiche Meldungen von Orkanböen. In der Schweiz wurde auf dem
Gornergrat die stärkste Böe von 181 km/h gemessen. In Österreich war
es der Patscherkofel, der mit 161 km/h die höchste
Windgeschwindigkeit registrierte. Abseits des offiziellen Messnetzes
hat dort eine Lawinenstation der ÖBB eine Böe von knapp 200 km/h
gemessen. Das deutet darauf hin, dass es lokal durchaus noch höhere
Geschwindigkeiten gab.

Aber nicht nur auf den Bergen, auch in den klassischen Föhntälern hat
der Wind heftig geweht. Es sei beispielhaft das Alpenrheintal
herausgenommen. Das ist der Abschnitt des Rheins, der vom Alpenkamm
über Chur, Vaduz und Lustenau bis zum Bodensee reicht. In Vaduz wurde
eine Höchstgeschwindigkeit von 111 km/h gemessen und in Altenrhein
knapp südlich des Bodensees gab es sogar volle Orkanstärke mit 122
km/h. Zusammengenommen war es also ein kräftiges und nicht
alltägliches Föhnereignis, das auch zahlreiche Schäden vor allem in
Österreich verursacht hat.
Bei dieser Frühlings-Eintagsfliege bleibt es aber zunächst
ersteinmal. Schon heute liegen die Höchstwerte deutlich niedriger und
auch in den kommenden Tagen sieht es eher nasskalt als frühlinghaft
aus. Einzig am Freitag kann sich nochmal kurz der Frühling zeigen.
Man sollte sich in jedem Fall davor hüten schon jetzt die
Winterreifen abzuziehen ? es ist halt doch erst Anfang März.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.03.2017

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