Thema des Tages

07-03-2017 14:40

Von Schneefall zu Dauerregen und Tauwetter

Mit Ostverlagerung des Schwerpunkts des weite Teile Europas
überdeckenden Tiefdrucksystems strömte in der Nacht zum heutigen
Dienstag von Nordosten her wieder etwas kältere Meeresluft heran.
Damit verbunden war auch ein Absinken der Schneefallgrenze, sodass
besonders in den zentralen Mittelgebirgen Deutschlands die Landschaft
heute Früh einen wieder leicht winterlichen Charakter aufwies.
Vereinzelt verirrten sich in starken Schauern Schneeflocken auch bis
in die tieferen Lagen Norddeutschlands. Im Schwarzwald und an den
Alpen gab es Stauniederschläge, die dort auch heute tagsüber anhalten
werden. Im Wissen dieser Wetterentwicklung mussten bereits am Vortag
die zu erwartenden Neuschneemengen abgeschätzt und in Warnungen
umgesetzt werden.

Allerdings ist gerade die Bestimmung der erwarteten Neuschneehöhe
nicht immer einfach. Zum einen gibt es im topographisch gegliederten
Gelände lokale Stau- und Abschirmungseffekte, die bereits auf kleiner
Distanz zu größeren Unterschieden führen können. Zum anderen ist die
zu prognostizierende Neuschneehöhe unmittelbar von der Dichte des
Neuschnees abhängig. Frischer Schnee kann ungefähr eine Dichte
zwischen 50 und 200 kg/m³ aufweisen. Das bedeutet aber im
Umkehrschluss, dass 1 Liter pro Quadratmeter flüssiger Niederschlag
bei sehr lockerem Neuschnee eine Schneedecke von 2 cm verursachen
kann. Allerdings ist bei sehr nassem Schnee auch eine Ausbeute von
nur 0,5 cm möglich. Mitentscheidend ist vor allem die Lufttemperatur,
denn je tiefer die Temperatur ist, desto geringer ist auch die
Schneedichte.

Zudem müssen die Straßenbelags- oder Bodentemperaturen beachtet
werden. Insbesondere im Spätwinter oder ganz besonders im Frühling
schmilzt bei entsprechend positiven Belagswerten eine größere Menge
des gefallenen Schnees, bevor dieser auf den Straßen liegen bleibt.
Unter Abwägung all dieser Faktoren wurde daher gestern die
Entscheidung getroffen, dass die Alpen sowie der Schwarzwald oberhalb
von 800 bis 1000 m mit einer Warnung vor markantem Schneefall
(entspricht Stufe 2 von 4) versehen werden. Dargestellt wird dies in
der Warnkarte mit einer Einfärbung in Orange. In den weiter nördlich
gelegenen Mittelgebirgsregionen wurde hingegen eine gelbe Warnung vor
leichtem Schneefall (entspricht Stufe 1 von 4) für ausreichend
erachtet.

Allerdings hält der aktuelle spätwinterliche Charakter nicht lange
an. Am Mittwoch wird die Warmfront eines Tiefs mit Kern zwischen
Schottland und Island das Bundesgebiet überqueren und somit die
Schneefallgrenze von Westen her deutlich ansteigen lassen. Besonders
im Süden erreicht die Nullgradgrenze im weiteren Verlauf fast 2000 m.
Zudem kommt es im Schwarzwald und an den Alpen erneut zu
Staueffekten, allerdings fällt nun bis in höhere Lagen Regen. Daher
muss im Warnmanagement abgeschätzt werden, ob die Kriterien für
Dauerregen oder gar ergiebigen Dauerregen erreicht werden können.

Zudem werden der in höheren Lagen noch vorhandene Altschnee des
Winters sowie der Neuschnee der letzten Tage zu schmelzen beginnen
und zum Abfluss beitragen. Da solche Schmelzperioden unter Umständen
auch relevant für die Hochwassersituation sein können, hat der
Deutsche Wetterdienst den Parameter "Tauwetter" in seinem
Warnkatalog. Als entscheidende Kenngröße wird dann das
"Niederschlagsdargebot" verwendet, das aus der Summe des flüssigen
Niederschlags und der Wasserabgabe aus der schmelzenden Schneedecke
gebildet wird. Auch hier ist die Dichte der Schneedecke ein
mitentscheidender Faktor. Altschnee erreicht im Spätwinter eine
Dichte zwischen 300 und 500 kg/m³. Damit kann 1 cm schmelzender
Schnee durchaus zwischen 3 und 5 Liter pro Quadratmeter zum
Niederschlagsdargebot beitragen.

In Abwägung dieser Randbedingungen sind im Schwarzwald und am
Alpenrand in den nächsten Tagen Warnungen vor Tauwetter sehr
wahrscheinlich, ja sogar Unwetterwarnungen vor starkem Tauwetter
durchaus möglich.

Mag. rer. nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.03.2017

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