Thema des Tages

08-03-2017 14:40

Frühlingserwachen im Bienenstock (Teil 1)

Vor wenigen Tagen, exakt am 01. März, begann meteorologisch gesehen
der Frühling. Auf den astronomischen Frühlingsbeginn muss hingegen
noch knapp zwei Wochen gewartet werden, dieser fällt in diesem Jahr
auf den 20. März. Allerdings hält sich die Natur nur in den wenigsten
Fällen an die von den Menschen festgelegten Kalenderdaten. So konnten
im Februar und in den ersten Märztagen verbreitet (mit Ausnahme der
Mittelgebirge, des höheren Alpenvorlandes und der Alpen)
Schneeglöckchen gesichtet werden, die phänologisch betrachtet den
Vorfrühlingsbeginn markieren. Als Mittelwert für den Beginn der
Schneeglöckchenblüte wurde vom DWD dieses Jahr der 22. Februar
berechnet, das ist vier Tage später als im vieljährigen Mittel
(1992-2016).

Der Schneeglöckchenblüte und den damit verbundenen ersten warmen
Tagen des Jahres fiebern natürlich auch die Imker den ganzen Winter
über entgegen. Erst dann zeigt sich nämlich, wie die Bienenvölker den
vergangenen Winter überstanden haben. Während sich die Insekten in
den klimatisch wärmeren Gegenden bei entsprechend milder Wetterlage
auch mal in den Wintermonaten vor den Bienenstock wagen, verbringen
die Bienen in den kälteren Regionen meist den gesamten Winter in
ihrer schützenden, aus Holz oder Styropor bestehenden Behausung. Im
Bienenstock rücken die Insekten bei niedrigen Temperaturen sehr eng
zusammen und bilden die sogenannte ?Wintertraube?. Dabei erzeugen sie
mittels Körperzittern genau so viel Wärme, wie sie zum Überleben
brauchen. Um eine optimale Wärmeversorgung aller Individuen zu
ermöglichen, wechseln diese immer wieder die Position in der Traube.
Die Königin befindet sich natürlich besonders geschützt ganz im
Inneren des Volkes, der im Winter eine Temperatur von etwa 20 Grad
Celsius aufweist.

Jene Bienen, die für eine erfolgreiche Überwinterung zu sorgen haben,
nennt man auch ?Winterbienen?. Diese werden zwischen August und
Oktober des Vorjahres erbrütet und leben mit sechs bis neun Monaten
deutlich länger als ihre sommerlichen Kolleginnen, die eine
Lebensdauer von nur 6 bis 8 Wochen aufweisen. Um das längere Leben
sicherstellen zu können, werden die Winterbienen im Herbst auch
besonders geschont und nicht an den Arbeiten im Stock beteiligt. So
mussten sich die letztjährigen Sommerbienen noch um die letzte Brut
kümmern und dafür sorgen, dass genug Wintervorräte angelegt sind.
Anschließend starben diese, noch bevor der Winter begonnen hatte.

Im November und Dezember ruht das Brutgeschäft meist, da die
benötigten Bruttemperaturen nur mit noch höherem Kraft- und
Ressourcenaufwand zu erreichen wären. Seit der Wintersonnenwende Ende
Dezember tut sich aber schon wieder etwas im Bienenstock. Durch das
längere Tageslicht wird das Bienenvolk nämlich angeregt, im Zentrum
der Wintertraube ein kleines Brutnest anzulegen. Dafür wurde die
Kerntemperatur des Nestes auf 34 bis 35 Grad Celsius erhöht. Abhängig
von den Witterungsbedingungen dehnt sich dieses in seinem Volumen
langsam aus. Um den erhöhten Energiebedarf sicherstellen zu können,
greifen die Bienen nun verstärkt auf die im letzten Sommer angelegten
Honig- und Pollenvorräte sowie auf das vom Imker zur Verfügung
gestellte, in den Waben eingelagerte Futter zurück.

Der richtige Startschuss in die Frühjahrsentwicklung fällt aber an
den Tagen, die bei Sonnenschein Temperaturen um 10 Grad Celsius
aufweisen. Diese Temperatur benötigen die Bienen bei einem Ausflug,
um sicher wieder in den Bienenstock zurückkehren zu können.
Idealerweise um die Mittagszeit oder am frühen Nachmittag strömt dann
die Mehrzahl der Bienen ins Freie und summt um den Bienenstock herum.
Die im Laufe des Winters in der Kotblase gesammelten
Stoffwechselprodukte werden dabei ausgeschieden. Besonders gut sieht
man das Ergebnis des Spektakels bei noch vorhandenem Schnee. Dieser
ist nun übersät von einer Vielzahl an gelben bis bräunlichen
Kotspritzern. Wenig Freude damit haben natürlich diejenigen, die ihre
frisch gewaschene Wäsche an diesen Tagen ins Freie hängen. An einem
erneuten Waschgang führt dann kein Weg vorbei!

Allerdings sind die Reinigungsflüge mit allerhand Gefahren verbunden,
die besonders mit dem Wetter zu tun haben. Tage mit plötzlich
auftretenden Schauern oder stark auffrischendem und kaltem Wind
können manch ein Bienenleben kosten. Zudem markieren diese nur den
Auftakt zu einer sehr turbulenten Zeit. Mehr dazu in einem der
nächsten Themen des Tages.

Mag. rer. nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 08.03.2017

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst