Thema des Tages

11-03-2017 14:40

Sturm im Weltall und seine magischen Momente auf der Erde

Ein magnetischer Sturm ist ein Strom ionisierter Teilchen. Trifft ein
solcher auf die Erde, wird er geomagnetischer Sturm genannt. In einem
solchen Szenario wird die Magnetosphäre, die die Erde umgibt, stark
gestört. Die Magnetosphäre bezeichnet den ?Wirksamkeitsbereich? des
Magnetfelds der Erde. Sie wird zum Weltraum durch die Magnetopause
abgegrenzt. Bei einem geomagnetischen Sturm trifft der Sonnenwind auf
das Magnetfeld und die Magnetosphäre wird auf der sonnenzugewandten
Seite (Tag-Seite) zusammengedrückt, wohingegen sich auf der
Nacht-Seite der Schweif verlängert (siehe Grafik).

Die stärksten Stürme ereignen sich bei einer Sonneneruption. Dabei
werden unzählige Tonnen des solaren Plasmas ausgestoßen, welches aus
Elektronen, Protonen und zu kleinen Anteilen aus Kernen chemischer
Elemente wie Helium, Sauerstoff und Eisen besteht. Die
Austrittsquellen sind meist Sonnenflecken und die Häufigkeit von
Eruptionen ist eng an die Sonnenaktivität gekoppelt. Im
Sonnenfleckenminimum sind sie deutlich seltener als im
Sonnenfleckenmaximum. Typischerweise dauert es mehrere Tage, bis ein
Masseauswurf die Erde erreicht. Sehr starke Stürme haben es jedoch
bereits in 18 bis 24 Stunden geschafft.

Mit dieser Erkenntnis lässt sich auch ein magisches Ereignis auf der
Erde recht gut prognostizieren bzw. zeitlich eingrenzen:
Polarlichter. In hiesigen Breiten werden sie Aurora Borealis
(Nordlichter) genannt. Auf der Südhalbkugel heißen sie Aurora
Australis (Südlichter), denn Polarlichter können gleichermaßen auf
der Nord- wie auf der Südhalbkugel betrachtet werden.

Wie entstehen solche Polarlichter? Die oben erwähnten von der Sonne
ausgestoßenen Elektronen und Protonen werden vom Erdmagnetfeld
eingefangen, auf der sonnenabgewandten Seite zur Erde hin
beschleunigt und dadurch energetisch angeregt. Auf dem Weg zu den
Polregionen kollidieren sie in der oberen Erdatmosphäre mit
Sauerstoff- und Stickstoffatomen sowie weiteren Molekülen der
Erdatmosphäre. Es wird Energie in Form von Licht frei. So erzeugen
beispielsweise Sauerstoffmoleküle in 200 km Höhe
rotes und in 100 km Höhe grünes Licht. Stickstoff leuchtet hingegen
blau oder violett.

Die Elektronen werden so vom Magnetfeld gelenkt, dass zwei
Aurora-Ovale entstehen, die um die magnetischen Pole zentriert sind
(siehe Grafik). Bei starken geomagnetischen Stürmen dehnen sich die
Ovale äquatorwärts aus, sodass beispielsweise hier in Europa
Nordlichter bis nach Deutschland sichtbar sind. Am besten lassen sich
Polarlichter unter klarem Nachthimmel in Breitenkreisen von 60 bis 75
Grad beobachten. Dort kann die Aurora mehr als die Hälfte der Nächte
eines Jahres gesehen werden. Allerdings muss der Himmel dunkel sein.
Das heißt, wenn im hohen Norden/Süden die Mitternachtssonne am Himmel
steht, lassen sich auch dort keine Polarlichter erhaschen.

Für Bewohner der skandinavischen Länder, Russlands, Alaskas oder
Kanadas werden Nordlichter wahrscheinlich nicht ganz so überwältigend
sein wie für uns Mitteleuropäer. Sie sind dort schlichtweg fast
alltäglich. Für einen Mitteleuropäer ist es jedoch faszinierend, wenn
es gelingt, Polarlichter mit der Kamera auf ewig festzuhalten und mit
nach Deutschland zu bringen. Dafür müssen allerdings die genannten
Randbedingungen für das Auftreten und Beobachten einer intensiven
Aurora gegeben sein.

Was Sie für ein gutes Foto benötigen sind: ein Stativ, eine
verhältnismäßig gute Kamera (am besten Spiegelreflex) mit
Fernauslöser oder Intervallaufnahmemöglichkeit, dicke Kleidung (denn
es ist kalt im hohen Norden bei klarem Himmel im Winter), eine
Thermoskanne mit einem heißen Getränk und viel Geduld. Verfolgen Sie
schon vorher die Wettervorhersagen. Betrachten Sie auf den Webseiten
der lokalen Wetterdienste (bspw. auf www.yr.no des norwegischen
Wetterdienstes) die aktuellen Satellitenbilder oder lassen Sie sich
von uns Vorhersagemeteorologen des Deutschen Wetterdienstes
hinsichtlich der besten Beobachtungsorte beraten.

Bereiten Sie Ihre Kamera vor! Fokussieren Sie auf ?unendlich?, wobei
sich der Mond oder ein heller Planet als Fokuspunkt eignen. (Die
Vollmondphase sollten Sie bei Ihrer Reisevorbereitung aber
ausschließen, denn der Mond überstrahlt sonst den gesamten Himmel.)
Stellen Sie einen hohen ISO-Wert ein: 800 bis 1600 sollte reichen.
Öffnen Sie die Blende, um so viel Licht wie möglich herein zu lassen.
Die Belichtungszeit kann stark schwanken, je nachdem wie hell das
Polarlicht ist. Bewährt haben sich Zeiten zwischen 5 und 15 Sekunden.
Dann bleiben auch die Sterne punktförmig und verziehen sich nicht zu
Strichen. Nutzen Sie einen Fernauslöser, um Verwackeln beim Drücken
des Auslöseknopfes zu vermeiden.

Bei einer geringen Elektronendichte sind mit bloßem Auge graue Bänder
am Nachthimmel zu sehen, die leicht mit Wolken verwechselt werden
können. Auf dem Foto erscheinen sie letztendlich doch farbig (meist
grün). Bei einem intensiven Polarlicht mit einer hohen
Elektronendichte wird mitunter die Umgebung in ein grünes Licht
getaucht. Polarlichter erscheinen in periodischen Bewegungen, wobei
die Stärke unterschiedlich ausgeprägt ist. So kann es sein, dass es
ein einziges Maximum in einer Nacht gibt und Sie über mehrere Stunden
hinweg auf diesen einen Tanz der Nordlichter warten müssen.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Ausflug in die magische Welt
der Polarlichter!

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 11.03.2017

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