Thema des Tages

12-03-2017 14:40

Klondike chinook in Montana ? wenn der warme Wind eisig weht

Während der Wintermonate ereignen sich über dem Nordwesten der USA
wiederholt äußerst spektakuläre Luftmassenwechsel, die zu teils sehr
turbulenten Wetterwechseln führen können. Der Grund für diesen Kampf
der Luftmassen ist in der Frontalzone zu finden. Diese trennt polare
und somit sehr kalte Luftmassen im Norden von warmen und feuchten
Luftmassen im Süden. Da sich entlang dieser Frontalzone im Winter
wiederholt kräftige Tiefdruckgebiete entwickeln können, wird somit
der Austausch beider Luftmassen im Übergangsbereich gefördert, sodass
mal kältere Luftmassen südwärts, mal wärmere Luftmassen nordwärts
strömen. Das Besondere über dem Nordwesten der USA ist, dass die
polare Luftmasse von Kanada kommend nicht von milden Ozeanen erwärmt
wird. Temperaturen von unter -20 Grad sind während kräftiger
Kaltluftausbrüche somit keine Seltenheit. Wenn dann von Westen ? in
diesem Fall vom Pazifik ? milde und feuchte Luftmassen auf den
eisigen Nordwesten der USA treffen, kommt es zu den unter
Wintersportlern so geschätzten Schneefällen in Form feinsten
Pulverschnees. Dabei kann die mildere Luftmasse direkt von Westen
kommen oder einen Umweg über Alaska und den Westen Kanadas nehmen, um
dann den Nordwesten der USA zu erreichen. Der zuletzt genannte Fall
sorgt für die Entwicklung des ?Klondike chinook? in Montana und soll
daher anhand eines markanten Ereignisses im Dezember 2016 näher
betrachtet werden. Zum besseren Verständnis muss der Wetterablauf vor
dem eigentlichen Ereignis kurz erklärt werden.

Während des 16. und 17. Dezembers strömte eine sehr kalte Luftmasse
aus dem Westen Kanadas in den Nordwesten der USA, wobei Tiefstwerte
von teils unter -30 Grad auftraten. Da kalte Luft schwerer ist als
warme und somit absinkt, bildete sich über dem Nordwesten der USA ein
kräftiges Hochdruckgebiet aus. In der Folge näherte sich jedoch ein
Tiefdruckgebiet, welches vom Pazifik kommend über den Westen Kanadas
weiter nach Südosten in Richtung Montana gelenkt wurde. Zwischen dem
17. und 19. Dezember 2016 sorgte dieses Tiefdruckgebiet für mehrere
Schübe mit zunehmend milder Luft, die die zentralen und östlichen
Bereiche Montanas erfassten, während weiter westlich in Richtung
Westmontana und Idaho die eisig kalte Luftmasse unberührt liegen
blieb. In b) ist die Lage der Warmfront sowie im Zahlenformat mit
Windfiedern die Windgeschwindigkeit in 850 hPa (rund 1.3 km über
Grund) vom 18. auf den 19. dargestellt (75 bis 90 km/h). Der Westen
Montanas wird durch die hoch gelegenen Rocky Mountains beeinflusst
(in Grafik b) durch die weiße gestrichelte Linie gekennzeichnet),
während das Gelände weiter ostwärts zunehmend abfällt.

Als Resultat dieser Wetterentwicklung lag östlich der Rocky Mountains
eine eher milde, im Westen hingegen eine sehr kalte Luftmasse. Da
kalte Luft schwerer ist, liegt der Luftdruck im Westen auch deutlich
höher, was im Bild b) durch die pinke Färbung gezeigt wird. Derweilen
sorgt die mildere Luft im Osten für tieferen Luftdruck, was sich in
den hellblauen Farben widerspiegelt. Da die Natur bestrebt ist
Gegensätze auszugleichen, beginnt sich die Luftmasse vom höheren
Luftdruck zum niedrigeren zu bewegen. Die Luftmasse strömt also vom
Gebirge (teils mehr als 2000 Meter über NN) ostwärts ins deutlich
tiefer gelegene Flachland und erwärmt sich dabei trockenadiabatisch.
Das bedeutet, dass sich die Luftmasse um 1 Kelvin pro 100 Meter
erwärmt. Wie wir bereits erfahren haben, startet die Luftmasse mit
extrem niedrigen Werten von unter -20 Grad, sodass sie auch weiterhin
frostig-kalt im Tiefland ankommt. Dies unterscheidet den ?Klondike
chinook? vom allgemein bekannten ?chinook?, dem ?Schneefresser?, da
in den meisten Fällen die Luftmasse beim Überqueren der Rocky
Mountains bereits deutlich milder ist und somit beim Absteigen im Lee
viel stärker erwärmt werden kann. Entsprechend zum Föhn in den Alpen
weht der ?chinook? daher meist als warmer Wind.

Wie eisig jedoch der ?Klondike chinook? sein kann, zeigt das Beispiel
von Billings, Montana in a) (rechts die Achse für die Temperatur und
links für die Windgeschwindigkeit). Im grün hervorgehobenen Bereich
wehte der ?Klondike chinook?, was sich z.B. durch eine deutliche
Erwärmung von unter -30 Grad auf über -20 Grad zeigt (blaue Linie).
In Rot wurde die gefühlte Temperatur eingetragen, wobei infolge des
zunehmenden Windes mit 25-45 km/h Werte von -50 bis -35 Grad gemeldet
wurden, was lebensgefährliche Bedingungen darstellt. Im Webcambild c)
sind auch die Bedingungen während eines ?Klondike chinook? sehr schön
zu erkennen ? starke Schneeverfrachtungen mit herabgesetzter
Sichtweite.

Den Namen erhielt dieser Wind übrigens von einem örtlichen
Meteorologen namens Grayson Cordell.

Meist sorgt der ?Klondike chinook? dafür, dass sich die mildere Luft
sukzessive durchsetzen kann, wobei sich dieser Kampf der Luftmassen
teils über Tage hinziehen und auf engstem Raum extreme
Temperaturgegensätze erzeugen und aufrechterhalten kann. So spannend
dieser eisige Wind für die Meteorologen ist, so unerfreulich, ja
teils auch gefährlich, ist er für die Bevölkerung.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 12.03.2017

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