Thema des Tages

14-06-2017 14:40

Eine Tagesdosis Hochsommer

Die aktuellen Prognosen lassen für den morgigen Donnerstag beinahe
landesweit viel Sonnenschein erwarten. Dementsprechend steigt die
Temperatur in Verbindung mit der Zufuhr warmer Subtropikluft
vielerorts über die Marke von 25 Grad, selbst an den Küsten werden 20
bis 24 Grad erwartet. In den traditionellen Wärmemetropolen am Rhein
sind örtlich sogar mehr als 30 Grad wahrscheinlich. Bei diesen
Randbedingungen ist es keine große Überraschung, dass unweigerlich
sommerliche Gefühle aufkommen.


Tatsächlich ist der kalendarische Sommer, der am 21. Juni starten
wird, nicht mehr in weiter Ferne. Im Gegensatz zu den strikt nach
vollen Kalendermonaten ausgelegten meteorologischen Jahreszeiten (der
meteorologische Sommer wird definiert als Juni, Juli und August),
orientiert sich der kalendarische Jahresrhythmus ausschließlich an
den astronomischen Gegebenheiten. Auf der Nordhalbkugel ist der
Sommerbeginn mit jenem Tag definiert, an dem die Sonne senkrecht über
dem nördlichen Wendekreis (etwa 23,43° N) steht. In der Fachsprache
befindet sich die Sonne dort an diesem Tag "im Zenit". Dieser
besondere Breitenkreis verläuft auf dem afrikanischen Kontinent von
Mauretanien über das südliche Algerien und Libyen zum ägyptischen
Nassersee und ist vom Äquator etwa 2600 km weit entfernt.


Bekanntlich gehen mit dem Sommerbeginn sehr hohe Einstrahlungswerte
einher. Daher verwundert es eventuell ein wenig, dass die Erde zum
Beginn des Nordsommers (d.h. im Sommer auf der Nordhalkugel) etwa 5
Mio. km weiter von der Sonne entfernt ist, als zur Wintersonnenwende
Ende Dezember. In der Astronomie werden dafür die Begriffe "aphel"
(sonnenfernster Punkt) und "perihel" (sonnennächste Position)
verwendet. Die Zeitpunkte des sonnenfernsten bzw. sonnennächsten
Punktes sind allerdings nicht ganz deckungsgleich mit dem
astronomischen Sommer- und Winterbeginn, sondern finden erst ein paar
Tage später statt. Maßgeblich für die unterschiedlichen
Einstrahlungswerte ist aber nicht die Distanz zu unserem Fixstern,
sondern die Neigung der Erdachse relativ zur Erdbahnebene. Diese
sogenannte "Schiefe der Ekliptik" beträgt aktuell etwa 23,43 Grad.


Da Mitteleuropa nördlich des Wendekreises liegt, erreicht der
Sonnenstand zu keiner Zeit im Jahr den Winkel von 90 Grad. Bei 50
Grad nördlicher Breite (entspricht etwa der Mainlinie) beträgt der
maximale Einstrahlungswinkel etwa 63,4 Grad. Die Bestrahlungsstärke
der Erdoberfläche hängt wiederum maßgeblich vom Einstrahlwinkel ab.
Diese Gesetzmäßigkeit wurde mit dem Lambertschen Kosinusgesetz (nach
Johann Heinrich Lambert, schweizerisch-elsässischer Mathematiker und
Physiker, 1728-1777) mathematisch beschrieben. Demnach erreicht die
Bestrahlungsstärke entlang des Mains immerhin noch knapp 90 % der
Bestrahlungsstärke direkt am nördlichen Wendekreis. Kommt zum hohen
Sonnenstand auch noch eine entsprechende subtropische oder gar
tropische Luftmasse hinzu, wird es in Mitteleuropa sehr warm oder
heiß.


Allerdings erleidet der Minisommer bereits am Freitag einen
Schwächeanfall. Aufgrund des Zustroms kühler Meeresluft aus
Nordwesten sacken die Temperaturen am Freitag um mehr als 5 Grad ab.
Dieser Luftmassenwechsel geht dieses Mal allerdings nicht so
unspektakulär vor sich wie jener zu Wochenbeginn. Es muss ab dem
Nachmittag des morgigen Donnerstags, der in einigen Bundesländern als
Fronleichnamsfeiertag begangen wird, von Südwesten her mit starken
Gewittern gerechnet werden, die in der Nacht zum Freitag weiter nach
Norden und Osten ziehen. Dabei sind einzelne unwetterartige
Entwicklungen vor allem im Süden und Westen Deutschlands
wahrscheinlich.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.06.2017

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