Thema des Tages

13-07-2017 14:40

Latente Energie ? die verborgene Kraft in der Wetterküche!

Die latente Wärmeenergie [von lat. latere=verbergen] ist die
Wärmeenergie, die bei konstanter Temperatur und konstantem
Luftdruck für einen Aggregatzustandswechsel eines Stoffes
benötigt bzw. bei einem Phasenübergang freigesetzt wird. Die
Phasenübergänge zwischen den Aggregatzuständen fest und flüssig
werden dabei als "Gefrieren" und "Schmelzen" bezeichnet. Zwischen den
Zuständen flüssig und gasförmig spricht man von "Kondensieren" und
"Verdunsten". Bei den Übergängen von fest und gasförmig ist
schließlich die Rede von "Sublimieren" und "Re-Sublimieren".

Für die Meteorologie ist diesbezüglich der Stoff "Wasser" von
besonderer Bedeutung, der bei seinen Phasenwechseln große
Energiemengen in der Troposphäre umsetzt. Der Begriff "latente
Wärmeenergie" steht meist für die Wärmemenge, die im Wasserdampf als
potentielle Energie gespeichert ist. Luft, die Wasserdampf enthält,
besitzt aus diesem Grund auch immer eine große Energiemenge, die sich
aber nicht in der Temperatur auswirkt und deshalb "latent"
(verborgen) genannt wird.

Diese Wärmemenge wird, global betrachtet, beim Verdunstungsvorgang
hauptsächlich den Wasseroberflächen entzogen. Im Wasserhaushalt der
Erde besteht die Verdunstungskomponente aus rund 86 Prozent
Meeresanteil und rund 14 Prozent Landanteil. Während des
Verdunstungsvorgangs wird der Verdunstungsoberfläche Wärme entzogen.
Dabei nimmt die messbare Temperatur an der Verdunstungsoberfläche ab.
Dieser verdunstungsbedingte Abkühlungseffekt kann schließlich bei den
unterschiedlichsten Wetterphänomenen beobachtet werden.

Im Winter kann beispielsweise ein Absinken der Schneefallgrenze mit
der Verdunstungsabkühlung in Verbindung gebracht werden. Fällt Schnee
auf dem Weg zum Boden in eine Schicht mit leicht positiven
Temperaturwerten taut er und legt den weiteren Weg als Regen zurück.
Gelangt dieser dann in eine trockene bodennahe Schicht verdunstet er
zum Teil, entzieht ihr dabei
aber Energie und kühlt diese ab. Die Schneefallgrenze beginnt zu
sinken. Teilweise kann die Regenphase sogar komplett entfallen und
die Schneeflocken wirbeln dann bis in tiefe Lagen. Vor allem in den
Tälern der Gebirge lässt sich dieser Vorgang besonders gut
nachvollziehen.

Des Weiteren kann eine signifikante Verdunstungsabkühlung z.B. im
Umfeld von tropischen Wirbelstürmen festgestellt werden. Diese
beziehen den Großteil ihrer benötigten Energie aus dem
Oberflächenwasser der Ozeane. Bei der Verdunstung wird dem Meerwasser
Wärmeenergie entzogen, was eine deutliche Erniedrigung der Temperatur
der Wasseroberfläche zur Folge hat. Auf der Zugbahn von Hurrikan
"Katrina" im Golf von Mexiko fiel beispielsweise die
Wasseroberflächentemperatur um etwa 1 Kelvin von 32 Grad auf 31 Grad
ab (vom 29. Zum 30. August 2005).

Bei der Kondensation (Übergang gasförmig zu flüssig) oder
Sublimation (Übergang gasförmig zu fest) von Wasserdampfe wird die
latente Wärmeenergie schließlich wieder freigesetzt. In der
Troposphäre erhöht sich dabei die Lufttemperatur der Umgebung. Dieser
kondensationsbedingte Erwärmungseffekt tritt z.B. bei der Wolken- und
Niederschlagsbildung auf. Besonders bei Gewitterwolken, den
sogenannten "Cumulonimben", ist die Freisetzung von latenter Energie
von großer Bedeutung. Je mehr Wasserdampf kondensiert, umso mehr
Wärmeenergie wird freigesetzt und desto größer sind die vertikalen
Temperaturunterschiede und damit auch die Aufwinde in der Wolke. Dies
ist auch der Grund, weshalb sich vor allem an schwülheißen
Sommertagen, an denen die Luft über einen hohen Feuchtegehalt
verfügt, kräftige Gewitter entwickeln können.

Von diesen Sommertagen sind wir derzeit allerdings weit entfernt. Der
Sommer macht diesbezüglich nämlich vorübergehend Pause. In der
eingeflossenen kühlen Meeresluft kann vor allem nachts die
Lufttemperatur deutlich absinken. Auch tagsüber wird das Sommerniveau
von 25 Grad nur sehr lokal im Südwesten erreicht. Doch schon ab dem
kommenden Wochenende steigen die Temperaturen wieder auf ein
sommerliches oder gar hochsommerliches Niveau an. Ab Sonntag sind
dann auch wieder Werte über 30 Grad zu erwarten.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.07.2017

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