Thema des Tages

16-07-2017 14:40

Stadt - Land - Wald - See


Eine Fahrt von der Stadt aufs Land an einem sonnigen Sommertag kann
zum Teil mit größeren Temperaturschwankungen einhergehen.
Unterschiede auf kleinstem Raum ergeben sich immer wieder und finden
oft bei den Wetterberichten keine explizite Berücksichtigung, da sie
schlicht in ihrer Detailliertheit nicht erfassbar sind. Außerdem
wären die Wetterberichte sonst ein Vielfaches länger, womit natürlich
auch Niemanden geholfen wäre.

Bei der Interpretation der Wetterberichte tut man also gut daran das
eigene Mikroklima mit zu berücksichtigen. Einige wenige Dinge werden
dabei in den Wetterberichten manchmal bereits angesprochen.
Formulierungen wie: ?In höheren Lagen bleibt es etwas kälter??, oder
?Bei auflandigem Wind an der See wird es in der Nacht nicht ganz so
kalt?, deuten darauf hin, dass man sich bei der angegebenen
Temperaturspanne eher am oberen oder am unteren Ende befindet.

Häufig sind es lokale Windsysteme oder eben der orographische
Höhenunterschied, die für größere Temperaturunterschiede sorgen, oft
hat aber auch die Bebauung einen wesentlichen Einfluss.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Küstenregionen. Größere
Gewässer wie Nord-und Ostsee sind in ihrem Temperaturverlauf nur sehr
träge und brauchen im Sommer längere Zeit um sich zu erwärmen bzw. im
Winter lange um sich abzukühlen. Weht der Wind nun in den
Küstenregionen vornehmlich vom Meer, so wird das Temperaturniveau
dort wesentlich von der Wärme der Wasserflächen beeinflusst. Im
Sommer führt dies häufig dazu, dass es entlang der Küsten trotz
eitlem Sonnenschein eher etwas kühler bleibt, während in den
Wintermonaten die Minima deutlich milder sind, als im Binnenland.

An Hochdrucktagen stellt zudem das Land-See-Windsystem ein. Tagsüber
erwärmt sich das Land rasch, während das Wasser nur wenig oder gar
nicht wärmer wird. Die wärmere Luft steigt auf und um diesen Verlust
auszugleichen, muss der Wind vom Wasser her wehen. Das führt
wiederrum dazu, dass sich gerade im Sommer häufig im Tagesverlauf
eine kühlende Brise einstellt. Nachts kehren sich die Verhältnisse
um. Die Landflächen kühlen ab, sodass das Wasser wärmer ist. Nun
steigt dort die Luft auf und als Ausgleich weht der Wind vom Lande
her. Das Seeklima führt übrigens auch dazu, dass es am Meer im
Allgemeinen sonniger ist. Die Ostseeinseln sind die sonnigste Region
in ganz Deutschland. Die eher kühleren Meeresflächen verhindern den
Temperaturunterschied zwischen Boden und Luft und unterdrücken damit
die Wolkenbildung. Im Winter stellt sich bei Kaltluftausbrüchen dann
das gegenteilige Phänomen ein, wenn sich gestützt durch das warme
Wasser über dem Meer häufiger Schauer und Gewitter ausbilden oder
stationäre Schauerstraßen manchmal für reichlich Neuschnee in den
Küstenregionen sorgen können.

Örtliche Schwankungen ergeben sich aber auch zwischen Land und Stadt.
In den urbanen Regionen dienen die Häuser und die vielen Betonflächen
als Wärmspeicher. Das führt vor allem dazu, dass nach heißen
Sommertagen die Temperatur dort in den Nächten nur langsam
zurückgeht, was die Wärmebelastung noch verstärkt. Im Extremfall
können sich vor allem eingangs der Nacht bis zu 10 Grad Unterschied
zwischen Stadt und Land ergeben. Durch die Versiegelung fehlt es auch
an natürlicher Abkühlung durch Verdunstungseffekte und außerdem
erhitzen sich Materialien wie Stein, Stahl und Asphalt in der Sonne
viel stärker, als die Vegetation. Die vielen Glasflächen, die das
Sonnenlicht reflektieren führen zusätzlich zu einer Belastung.
Die starke Überhitzung der Städte führt im Übrigen auch zu dem
Effekt, dass sich im Vergleich zum Umland bei ruhigen Hochdrucklagen
im Mittel mehr Wolken bilden und die Niederschlagsmenge erhöht ist.
Das liegt ganz einfach daran, dass sich über den Ballungszentren ein
lokales Hitzetief bilden kann und die heißen Luftmassen dort
verstärkt aufsteigen. Denn heißere Luftmassen haben eine geringere
Dichte und sind damit leichter als kältere Luft. Nicht ungewöhnlich
ist in diesem Zusammenhang auch der Effekt, dass ein ursprünglicher
Schauer direkt bei der Überquerung der Stadt zu blitzen beginnt oder
ein zunächst harmloses Gewitter sich deutlich verstärkt.

Zur Wochenmitte wird es in Deutschland wieder hochsommerlich warm,
sodass man bei Interesse das Mikroklima für den eigenen Wohnort und
die Umgebung mal genauer unter die Lupe nehmen und nach den oben
beschriebenen Unterschieden suchen kann. Was gibt es bei Ihnen für
besondere lokale Phänomene? Für die Nicht-Hitzefreunde sei im Übrigen
ein Ausflug vom Stadt- in das Waldklima empfohlen. Wenn man mal von
den Mücken absieht, lässt sich eine Hitzewelle dort deutlich besser
aushalten.


Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 16.07.2017

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