Thema des Tages

27-07-2017 14:40

Waldbrandgefahr (Teil 2) ? der Teufelshauch


Im Thema des Tages vom 14. Juli 2017 wurden bereits die Zutaten für
ein hohes Waldbrandrisiko beschrieben, die sich aus der Dichte und
Struktur des Brennholzes, aus den meteorologischen Parametern wie
Temperatur, Luftfeuchte und Windgeschwindigkeit sowie ?richtung und
auch aus der Topografie zusammensetzen. Dabei wurde die Bedeutung des
Windes hervorgehoben, denn mit ihm entscheidet sich unter anderem,
wie schnell sich das Feuer in welche Richtung ausbreiten kann.
Lokales Wissen bezüglich dieser Windphänomene ist daher von großem
Vorteil während der Löscharbeiten. Ob Europa, Asien oder Amerika,
jede Region hat ihre eigenen lokalen Windphänomene, die im Falle
eines Waldbrandes die Entwicklung eines Feuers stark beeinflussen
können. Ihre Entstehungsweise hingegen ist sehr häufig dieselbe. Im
Folgenden soll der Übersicht halber nur auf zwei lokale und
unterschiedlich bekannte Windregimes eingegangen werden, die zum
Beispiel immer wieder im Bundesstaat Kalifornien im Westen der USA
auftreten können.

Eines dieser Windregimes wird als sogenannter "Sundowner" bezeichnet
und tritt im Umfeld der Stadt Santa Barbara auf, die im Südwesten von
Kalifornien gelegen ist. Dieser markante Nord- bis Nordostwind
schafft es zwar im Gegensatz zum größeren und weitaus bekannteren
Windereignis, dem sogenannten "Teufelshauch", oder auch "Santa-Ana
Wind", nur in die lokale Presse, doch seine Auswirkungen bei
Waldbränden fallen nicht weniger gefährlich und unberechenbar aus.

Zur Entstehung dieser Winde bedarf es keiner komplexen Wetterlage und
Luftdruckverteilungen. Vielmehr kann die Entstehung mithilfe einer
recht einfachen Übersicht erklärt werden (siehe beigefügte Grafik).
Da es sich aber nicht um eine ungewöhnliche Konstellation von Hoch-
und Tiefdruckgebieten handelt, bedeutet das auch, dass diese
Druckverteilung im Westen der USA recht häufig vorkommt.

Wenn sich hoher Luftdruck über den westlichen Ausläufern der Rocky
Mountains und tiefer Luftdruck über dem östlichen Pazifik (vor der
kalifornischen Küste) einstellen, dann entsteht ein Luftdruckgefälle,
das vom Land zum Wasser gerichtet ist, da die Luftmasse vom hohen zum
tiefen Luftdruck strömt. Hinzu kommt auch die spezifische Orografie
entlang der Westküste der USA, die sehr komplex ist und
unterschiedliche Gebirgsabschnitte aufweist, wie die in der Grafik
eingetragenen ?Santa Ynez Mountains? und die ?Transverse Ranges?. Die
Luft wird dabei aus den Wüstengebieten oder den trockenen
Gebirgsregionen im Westen der USA in Richtung Pazifik geführt und
fällt nach dem Überqueren der genannten beiden Gebirgsketten zum
Pazifik hin ab. Während die Luftmasse zum Pazifik absinkt, trocknet
sie noch weiter ab und erwärmt sich dabei um 1 Grad pro 100 Meter,
was in der Meteorologie als "trockenadiabatische Erwärmung"
bezeichnet wird. Dabei entscheidet die Lage des Hochs und die
Ausrichtung des Luftdruckgradienten, welcher der beiden Winde aktiv
weht. Zumeist verlagert sich das Hochdruckgebiet allmählich von
Nordwest nach Südost über die westlichen Ausläufer der Rocky
Mountains, sodass der "Sundowner" entsprechend einige Tage vor dem
eigentlichen Santa-Ana-Ereignis auftritt, wobei letzterer dann mit
noch größerer Intensität aus nordöstlicher Richtung weht. Der Name
?Sundowner? rührt übrigens vom häufigen Auftreten dieses Fallwindes
in den späten Nachmittags- oder Abendstunden her.

Bei beiden Windereignissen ist eine rapide Temperaturzunahme auch
direkt im eigentlich kühlen Küstenbereich zu beobachten, wo der
Pazifik während der Sommerzeit mit 16 bis 19 Grad Wassertemperatur
kühlt. Beim Durchbruch des "Sundowners" mit Sturmstärke sind z.B. am
19. Juli 1992 in Küstennähe bei einer extrem niedrigen
Luftfeuchtigkeit Temperaturmaxima von über 40 Grad gemessen worden.

Kritisch wird es besonders dann, wenn der Luftdruckgradient sehr hohe
Werte annimmt, der Wind also stark weht und ein Feuer gerade während
dieser Wetterbedingungen auflodert. In solchen Fällen kann es sich
unkontrolliert und sehr rasch ausbreiten, wie geschehen Ende
Juni/Anfang Juli 2016 bei dem sogenannten "Shepa Feuer", das schnell
auf eine Größe von mehr als 30 Quadratkilometer anwuchs und über rund
28 Tage andauerte.

Diese lokalen Winde können in unterschiedlicher Intensität und Dauer
auftreten, ähneln sich jedoch meist in ihrer Entstehung, sind es doch
zumeist trockene und warme Fallwinde. Weitere Beispiele wären der
"Chinook", der in Colorado ein gefürchteter Wind ist, da er mit
enormen Windgeschwindigkeiten über längere Zeit wehen und sich die
Feuer dabei rasant ausbreiten können, oder der "Washoe Zephyr" in der
Sierra Nevada (zum größten Teil auch in Kalifornien gelegen), der
besonders stark durch zahlreiche Canyons weht und Brände auch dort
stark beeinflussen kann.

Das Gute ist, dass man die Entstehung dieser lokalen Winde
mittlerweile dank zahlreicher Messstationen und hoch aufgelöster
Computermodelle recht gut vorhersagen und die Brandbekämpfer
entsprechend frühzeitig warnen kann. Das Problem stellen allerdings
Feinheiten dar wie die Fragen, wann genau der Wind einsetzt und wie
intensiv er wehen wird. Dies wird auch weiterhin nur unzureichend
geklärt.
Eine weitere Problematik ist, dass sich ein Feuer zusätzlich auf das
Wetter auswirken kann, indem es sein eigenes Windregime erzeugt, doch
dazu mehr in einem späteren Thema des Tages.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.07.2017

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