Thema des Tages

25-08-2017 14:40

Starker Hurrikan HARVEY bringt Orkanböen, Sturm- und Regenfluten nach
Texas

Bereits am 17. August, zu diesem Zeitpunkt noch östlich der Kleinen
Antillen, wurde HARVEY vom National Hurricane Center (NHC) der USA
als Tropischer Sturm geführt. Doch auf seinem Weg nach Westen über
das Karibische Meer verlor HARVEY durch ungünstige Windbedingungen an
Struktur und Stärke und damit nach nur zwei Tagen seinen Status als
Sturm. Doch die Überbleibsel erwiesen sich als zäh und bei Erreichen
des Golfs von Mexiko intensivierte sich HARVEY im Laufe des gestrigen
Donnerstags deutlich. Rasch erlangte er wieder Sturm- und schließlich
Hurrikanstärke. Freitagfrüh verstärkten sich die mittleren
Windgeschwindigkeiten des Wirbelsturms auf 160 km/h, mit noch
stärkeren Böen. Die Kategorie 2 der fünfstufigen
Saffir-Simpson-Hurrikan-Skala war damit erreicht.

Auf seinem weiteren Weg durch den westlichen Teil des Golfs von
Mexiko findet HARVEY sehr günstige Entwicklungsbedingungen vor.
Wassertemperaturen um 30 Grad liefern jede Menge Energie in Form von
Verdunstung und nur schwache Winde in der höheren Atmosphäre stören
die idealerweise symmetrische Struktur des Wirbelsturms kaum. So soll
sich HARVEY, bis er auf die texanische Küste trifft, auch weiter
verstärken und als Sturm der Kategorie 3 knapp nördlich von Corpus
Christi mit Windgeschwindigkeiten um 200 km/h "an Land gehen". Der
letzte "major hurricane", also Kategorie 3 oder höher mit Landfall in
den USA liegt bereits zwölf Jahre zurück. 2005 traf Wilma am 24.
Oktober als Wirbelsturm der dritthöchsten Stufe auf den Süden
Floridas.

Durch den Windstau an der Küste Texas ist laut NHC gebietsweise mit
einer Sturmflut von 2 bis 3,5 m über der astronomischen Tide zu
rechnen.

Besondere Brisanz erfährt die eh schon gefährliche Lage durch den
Umstand, dass HARVEY nach Landgang sich für mehrere Tage kaum von Ort
und Stelle bewegen wird. Gut zu erkennen ist das an der etwas
"unübersichtlichen" Grafik des NHC für den Bereich der texanischen
Küste. Das heißt, dass die kräftigen Regenfälle in der tropischen
Luftmasse bis Mittwoch kommender Woche immer wieder über ein und
dasselbe Gebiet ziehen werden. In Summe ergeben sich für den Zeitraum
von Freitag bis Mittwochfrüh exorbitante Niederschlagssummen für
große Gebiete der texanischen Küste und die angrenzenden Regionen im
Landesinneren. Verbreitet sollen 400 bis 650, lokal sogar bis zu 900
Litern pro Quadratmeter (l/qm) fallen. Das europäische Modell - kein
Wettermodell, das zu Übertreibungen neigt - simuliert sogar bis zu
1.000 l/qm (siehe dazu Grafik mit dargestellten Werten über 30 l/qm).
Zum Vergleich: In Corpus Christi fallen in einem durchschnittlichen
August 126 l/qm. Innerhalb eines Jahres fallen durchschnittlich in
Berlin in Relation dazu nur 570 und in Frankfurt am Main 630 l/qm. In
der Folge ist mit großräumigen und länger anhaltenden
Überschwemmungen in den betroffenen Gebieten zu rechnen.

Über die weiterführende Entwicklung von Harvey bestehen dann noch
größere Unsicherheiten, in der Nähe des Golfs steht ihm aber
weiterhin viel Feuchtigkeit zur Verfügung. Das Potenzial für größere
Regenmengen ist also auch nach dem angesprochenen Zeitraum noch
gegeben. Somit bleibt die Lage weiterhin brisant.

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.08.2017

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