Thema des Tages

18-09-2017 14:40

Über die (Un-)gerechtigkeit des Urlaubswetters...

Wer im Herbst im Mittelmeerraum seinen Urlaub verbringt, der pokert
wettertechnisch mitunter hoch. Nicht umsonst liegen die Preisangebote
der Reiseveranstalter zum Teil deutlich unter denen der Hauptsaison
während der Sommerferien. Denn das Wetter ist längst nicht so stabil,
wie man am aktuellen Beispiel eindrucksvoll erkennen kann.

Sie liegen gerade auf einer gemütlichen Liege an den Stränden Kretas
und lassen sich die Sonne bei Temperaturen um 35 Grad auf den Bauch
brutzeln? Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es richtig gemacht
(vorausgesetzt Sie sind eingeschmiert)! An der benachbarten Adria ist
man unterdessen "angeschmiert", geht es doch bei zum Teil schweren
Gewittern, heftigen Starkregenfällen und Sturmböen deutlich
turbulenter zu. So stürzen die Höchstwerte beispielsweise in Rimini
am morgigen Dienstag auf Werte um 15 Grad ab. Aus Urlaubersicht macht
das auf einem vergleichsweise nahe beieinanderliegenden Gebiet
immerhin satte 20 Grad Temperaturunterschied! Wehe dem, der da nur
T-Shirts und Badehosen eingepackt hat. Aber es besteht noch Hoffnung,
mehr dazu am Ende des Artikels.

Doch wodurch wird das unbeständige Wetter hervorgerufen? Da wir uns
mit Riesenschritten dem kalendarischen Herbstbeginn am 22.09. nähern,
hat die Sonne auf ihrem Weg zum südlichen Wendekreis inzwischen
nahezu den Äquator wieder erreicht (zum Frühlingsbeginn wird sie das
auf ihrem Weg zum nördlichen Wendekreis erneut tun). Mit dieser
südwärtigen Verlagerung verschiebt sich auch die Zone großer
Temperaturunterschiede zwischen polaren und gemäßigten Breiten - die
sogenannte "Polarfront" - südwärts und "traktiert" dabei zunehmend
auch die westlichen und zentralen, seltener die östlichen Bereiche
des Mittelmeers. Aktuell liegt sie über dem zentralen Mittelmeer und
trennt heiße Subtropikluft auf der Vorderseite von kühler Meeresluft
(auch bei uns in Deutschland) auf der Rückseite (siehe Anhang).

Neben den horizontalen Temperaturunterschieden an der Front liefern
insbesondere die vertikalen den Zündstoff für unwetterartige
Wettererscheinungen. Denn gerade zum Herbstbeginn erreichen die
Wassertemperaturen im Mittelmeer ihr Maximum. So lässt es sich
derzeit bei 22 bis 25 Grad in der Adria, im östlichen Mittelmeer gar
bei 25 bis 30 Grad mehr als aushalten. Zeitgleich geht die Temperatur
in rund 5,5 Kilometern Höhe bis zum morgigen Dienstagmittag in
Norditalien auf unter minus 20, örtlich minus 25 Grad zurück, wodurch
die Schichtung der Atmosphäre sehr instabil wird. Somit wächst die
Differenz zwischen Erd-/Wasseroberfläche und Höhe auf über 40 Grad
an. Ein Wert, der gemäß einer groben Faustformel ausreichend für die
Gewitterentstehung ist.

Immerhin, Petrus hat ein Einsehen und schafft eine Art Ausgleich. So
schwenkt die Luftmassengrenze doch relativ schnell ostwärts durch und
sorgt zum einen dafür, dass sich Wetter und Temperaturen in Rimini
wieder erholen (Sonnenschein und Höchstwerte von 23 Grad) und zum
anderen auf Kreta in der zweiten Wochenhälfte trotz ausbleibenden
Niederschlags angenehmere Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad
einstellen. Zum Abschluss noch ein Trost für die fröstelnden
Touristen in Italien. Springen Sie doch - sofern kein Unwetter in der
Nähe ist - einfach ins wärmende Wasser. Wie auch immer, lassen Sie
sich auch bei bescheidenem Wetter die Laune nicht verderben -
schließlich ist die Urlaubszeit doch häufig die schönste Zeit des
Jahres!

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 18.09.2017

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