Thema des Tages

19-09-2017 14:40

Wieder ein Hurrikan, wieder die Antillen und wieder Puerto Rico

Hurrikan MARIA, in den Frühstunden des gestrigen Montags knapp
östlich der Kleinen Antillen noch ein Hurrikan der Kategorie 1, hat
sich innerhalb von nur 24 Stunden enorm verstärkt und in der Nacht
zum Dienstag die höchste Kategorie 5 mit mittleren
Windgeschwindigkeiten von bis zu 260 Kilometern pro Stunde erreicht.
Nach IRMA ist MARIA damit der zweite Hurrikan der Kategorie 5 in der
diesjährigen Saison. Der Rekord liegt übrigens bei vier Wirbelstürmen
der Kategorie 5 in einer Saison aus dem Jahr 2005 (EMILY, KATRINA,
RITA und WILMA). In der Nacht zum Dienstag zog MARIA dann über den
Inselstaat Dominica in den Kleinen Antillen hinweg und hat dort
höchstwahrscheinlich durch große Regenmengen, eine Sturmflut und
extreme Winde für katastrophale Schäden gesorgt. MARIA ist damit der
erste Hurrikan der Kategorie 5, der seit Aufzeichnungsbeginn im Jahr
1851 direkt über Dominica hinweggezogen ist. Kurz vor dem Landgang
(engl. "landfall") sank der Kerndruck auf sehr niedrige 924
Hektopascal (hPa) ab. Erst am 6. September 2017 zog Hurrikan IRMA auf
etwas nördlicherer Zugbahn als starker Hurrikan durch die nördlichen
Antillen und verwüstete Barbuda.

Mit Stand 8 Uhr MESZ am heutigen Dienstag hat sich MARIA durch die
Interaktion mit der Landmasse der Insel (höhere Reibung) auf sehr
hohem Niveau etwas abgeschwächt. Bei einem Kerndruck von 942 hPa mit
mittleren Windgeschwindigkeiten von 250 km/h, in Böen auch noch
darüber, ist sie damit ein Hurrikan der Kategorie 4. Die weitere
Zugbahn führt auf nordwestlicher Route durch den nordöstlichsten Teil
der Karibik und am Mittwoch sehr wahrscheinlich direkt über Puerto
Rico hinweg. Durch sehr hohe Wassertemperaturen von nahe 30 Grad und
günstige atmosphärische Bedingungen ist es unwahrscheinlich, dass
sich MARIA auf dem Weg nach Puerto Rico nennenswert abschwächt. Ganz
im Gegenteil ist sogar eine erneute Verstärkung auf die höchste
Wirbelsturmkategorie gut möglich.

In der Regel sind es die Gefahren durch Wassermassen, sei es durch
hohe Regenmengen und dadurch ausgelöste Hangrutschungen oder durch
Sturmfluten, die das größte Schadenspotenzial bergen. In diesem Sinne
bildet auch MARIA keine Ausnahme und kann auf Puerto Rico bis zu 750
Liter Regen pro Quadratmeter in nur etwa 30 Stunden und eine
Sturmflut von 3 Metern Höhe oberhalb der astronomischen Tide bringen.


Auf ihrem weiteren Weg nach Nordwesten und später mehr und mehr nach
Norden bedroht MARIA ab Donnerstag die Ost- und Nordküste der
Dominikanischen Republik sowie am Freitag und Samstag voraussichtlich
die östlichen Inseln der Bahamas. Ein besonderes meteorologisches
Phänomen könnte dann bei der wahrscheinlichen Nordverlagerung eine
Rolle spielen. Auf dem weiteren Weg nähert sich MARIA dem tropischen
Sturm JOSE (aktuell noch ein Hurrikan der Kategorie 1) vor der
nordamerikanischen Küste. Etwa ab einer Entfernung von 1400
Kilometern setzt der nach einem ehemaligen Direktor des japanischen
Wetterdienstes benannte Fujiwhara-Effekt (Aufsatz von 1921) ein.
Dieser besagt, dass zwei Wirbel, nicht zwingend tropischer Natur,
ihre jeweilige Zugbahn bei Annäherung aneinander verändern. Dann
beginnen die beiden Drehzentren sich um einen Punkt auf einer
gedachten Verbindunglinie der beiden System zu bewegen. Auf der
Nordhalbkugel ist die Drehbewegung zyklonal, also gegen den
Uhrzeigersinn. Sind die beiden Stürme von deutlich unterschiedlicher
Intensität, dominiert der stärkere und der schwächere dreht sich um
den kleineren und kann sogar mit diesem verschmelzen. Details und
grafische Veranschaulichungen zu diesem Effekt finden Sie im
Wetterlexikon des Deutschen Wetterdienstes (https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv2=100
784&lv3=598388).

Für die gebeutelten Inselgruppen in der Karibik bleibt nur zu hoffen,
dass dies der letzte Hurrikan in dieser Saison ist. Bis zum
offiziellen Ende am 30. November bleibt allerdings noch viel Zeit für
weitere Wirbelstürme.

MSc.-Met. Thore Hansen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 19.09.2017

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