Thema des Tages

23-09-2017 14:40

Altweibersommer

Wann immer der August nicht so ganz den meteorologischen Wünschen
der Allgemeinheit entspricht (der letzte August war deutschlandweit
zu warm und zu feucht bei normaler Sonnenscheindauer), hofft man auf
einen Altweibersommer.

Was den Begriff "Altweibersommer" angeht, so ist man sich weitgehend
einig, dass man dessen Ursprung nur vermutet und nicht kennt und wir
wollen an dieser Stelle als Naturwissenschaftler nicht weitere
Spekulationen dazu anstellen.
Auch was die meteorologische Seite betrifft, so ist das ein insgesamt
eher unscharfer Begriff.

Der Altweibersommer ist eine meteorologische Singularität, also ein
Witterungsregelfall, der von den normalen langjährigen Mittelwerten
abweicht. Er tritt normalerweise in der zweiten Septemberhälfte oder
Anfang Oktober auf, im Alpen- und Voralpenbereich auch noch bis Mitte
Oktober. Der Altweibersommer ist also zeitlich betrachtet wesentlich
weniger spezifisch als beispielsweise die an bestimmte Kalendertage
gebundenen Eisheiligen.
Von daher ist seine Eintrittswahrscheinlichkeit wesentlich höher und
die Hoffnung darauf also schon ?naturgegeben? berechtigt. Sie liegt
allein für die letzte Septemberwoche nach langjährigen Statistiken
bei etwa 80%.

Beim Altweibersommer handelt es sich um eine Schönwetterperiode, die
durch ein Festlandshoch oder eine Hochdruckbrücke, die im Regelfall
von den Azoren zu einem Hoch über Osteuropa reicht, hervorgerufen
wird. Dabei ist es bei längerem Sonnenschein wärmer als üblich.
Bei den mittleren Temperaturen erkennt man ihn daran, dass der
septembertypische Temperaturrückgang für einige Tage unterbrochen
wird.

Es fragt sich allerdings, ab welcher Zeitspanne von einem
Altweibersommer gesprochen werden kann. Schließlich wird heutzutage
selbst in den seriösen Medien aus EINEM heißen Tag auch schon mal
eine Hitzewelle definiert.
So ähnlich läuft es auch beim Altweibersommer ab. Wird erst mal für
einen Tag kein Regen und mehr als 50% Sonnenscheindauer erwartet, so
wird bereits der Altweibersommer, meist verbunden mit einem "?"
verkündet.

Da einige Singularitäten sich in den letzten Jahren zunehmend rar
machten, schauen wir uns mal an, wie häufig ein Altweibersommer seit
2000 auftrat.
Weil es keine exakte Definition dafür gibt, wurden hier folgende
Festlegungen getroffen, die sich auf einen "gefühlten"
Altweibersommer beziehen sollen:
1. Zeitraum Mitte September bis 10. Oktober
2. Andauer mindestens drei Tage (in Klammern die absolute Häufigkeit
für zwei aufeinanderfolgende Tage)
3. Höchsttemperatur vier Grad über dem Mittel seit 1961, schließlich
ist die Singularität über die Temperaturabweichung definiert.
Tiefsttemperaturen und Mittelwerte gehen gefühlt wenig in den
Eindruck eines Altweibersommertages ein.
4. Sonnenscheindauer mindestens 2/3 der astronomisch möglichen Zeit;
nur 2/3 deshalb, um den Herbstnebel einzukalkulieren.

Danach gab es in den letzten 17 Jahren in Hamburg in 7(9) Jahren, in
Frankfurt 7(11) und in München in 8(11) Jahren einen oder mehrere
Altweibersommer.
Dabei sind die Münchner Werte durch Föhneffekte etwas verfälscht.


Wir sehen also, dass wir die Hoffnung auf einen Altweibersommer nicht
verlieren sollten. Es sind schließlich noch fast drei Wochen Zeit bis
zum 10. Oktober.

Dipl.-Met. Christoph Hartmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.09.2017

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