Thema des Tages

07-05-2016 14:40

Mini-mini-Sonnenfinsternis: Der Merkurtransit am 09.Mai 2016

Der Mai 2016 hält für alle Sternfreunde und Astronomen einen
besonderen himmlischen Höhepunkt parat. Im Mittelpunkt steht ein
Himmelskörper, der ansonsten meist unauffällig seine Bahn am
irdischen Himmel zieht und den viele Menschen in Mitteleuropa
vielleicht noch nie bewusst mit eigenen Augen gesehen haben: der
Planet Merkur.
Merkur ist der sonnennächste Planet unseres Sonnensystems. Dies
bedeutet, dass er wie auch der Planet Venus die Sonne innerhalb der
Erdbahn umkreist. Von der Erde aus betrachtet steht Merkur deshalb
auch immer in unmittelbarer Nähe zur Sonne, deren helles Licht ihn am
Himmel meist überstrahlt. Nur im Frühjahr abends (wie jetzt zuletzt
im April 2016) und im Herbst morgens bieten sich in Deutschland
zuweilen günstige Chancen, den Planeten einiger Maßen leicht in der
Dämmerung knapp über dem Horizont zu beobachten.
Da Merkur sich also wie beschrieben innerhalb der Erdbahn bewegt,
kommt es alle 116 Tage zu der Situation, das sich der Planet zwischen
Erde und Sonne hindurch bewegt. Wenn Sonne, Merkur und Erde dann in
dieser Reihung auf einer Linie stehen, spricht man von einer
sogenannten "unteren Konjunktion" des Merkur. Und ähnlich wie beim
Mond, der - wenn er sich zwischen Sonne und Erde schiebt - manchmal
die Sonne von der Erde aus betrachtet ganz oder teilweise verdeckt
(Sonnenfinsternis), kann auch der Merkur dann von der Erde aus
betrachtet einen Teil der Sonne "verfinstern". Freilich ist der
Merkur viel weiter von der Erde entfernt als der Mond, so dass er nur
einen winzigen Bruchteil der Sonnenscheibe bedecken kann, nämlich nur
ganze 0,004 Prozent. Deswegen spricht man in diesem Fall auch nicht
von einer Sonnenfinsternis, sondern von einem "Merkurdurchgang vor
der Sonnenscheibe" oder kürzer von einem "Merkurtransit".
Wegen der Ekliptik kommt es nicht alle 116 Tage, sondern in 100
Jahren nur zu 13 oder 14 Merkurtransits, dieses Ereignis ist also
weitaus seltener als eine "normale" Sonnenfinsternis. Die beiden
letzten von Deutschland aus in voller Länge sichtbaren
Merkurdurchgänge vor der Sonnenscheibe gab es am 10.November 1973 und
am 07.Mai 2003 (also fast auf den Tag genau vor 13 Jahren) zu sehen.
Jetzt am 09.Mai 2016 kann man also wieder von Mitteleuropa und von
(fast ganz) Deutschland aus dieses Ereignis in voller Länge
beobachten. Los geht es am kommenden Montag um 13:12 Uhr MESZ (die
genauen Zeiten variieren in Deutschland um ein paar Sekunden, je nach
Beobachtungsort), wenn der Rand des sichtbaren Merkurscheibchens
erstmals die Sonnenscheibe an ihrem östlichen Rand berührt. Gut drei
Minuten später ist Merkur komplett vor die Sonne getreten, man nennt
dies auch den "2.Kontakt". Ab jetzt braucht Merkur mehr als 7 Stunden
Zeit, um bis zum westlichen Rand der Sonnenscheibe zu laufen. Den
geringsten Abstand zur Mitte der Sonnenscheibe erreicht gegen 16:56
Uhr MESZ ("3.Kontakt"). Zu diesem Zeitpunkt steht die Sonne etwa in
der Mitte Deutschlands noch rund 35 Grad hoch über dem südwestlichen
Horizont. Dann wird es etwas "eng": Merkur berührt erstmal wieder den
Rand der Sonne ("4.Kontakt") gegen 20:37 Uhr MESZ. Im Südosten
Bayerns, Sachsens und Brandenburgs ist dies gegen oder kurz nach
Sonnenuntergang der Fall. Wieder rund 3 Minuten später gegen 20 Uhr
40 und 30 Sekunden hat Merkur dann die Sonnenscheibe endgültig wieder
verlassen ("5.Kontakt"). Um dies zu beobachten braucht man dann auch
in allen anderen Regionen Deutschlands einen flachen und von
Sichthindernissen freien Westhorizont zu Sonnenuntergang.
Achtung: Die Beobachtung dieses Ereignisses gestaltet sich durchaus
nicht ganz einfach. Nicht nur, dass man natürlich erst einmal gutes
Wetter mit einem möglichst wolkenfreien Himmel braucht, (das ist
nordöstlich einer Linie Emsland - Harz für den gesamten Zeitraum sehr
wahrscheinlich), man benötigt nämlich auch noch ein optisches
Hilfsmittel hierzu. Denn Merkur ist schlicht - wie erwähnt - zu
klein, um mit bloßem Auge vor der Sonnenscheibe zum Beispiel mit
Hilfe einer Sonnenfinsternisbrille gesehen werden zu können. Man
braucht also ein Fernglas oder ein Teleskop mit speziellen
Schutzfiltern bzw. mit der Möglichkeit durch diese hindurch ein
Abbild der Sonne auf einen weißen Karton zu projizieren. Unser Rat:
Experimentieren Sie auf keinen Fall herum mit irgendwelchen
"Hausmitteln" zur Dämpfung des grellen Sonnenlichtes wie CD's,
rußgeschwärzten Scheiben oder ähnlichem. Sie riskieren schwere
Augenschäden bis hin zur dauerhaften Erblindung! Am besten und
sichersten beobachtet man dieses Ereignis in einer der zahlreichen
öffentlichen Sternwarten unseres Landes, die an diesem Tag und für
dieses Schauspiel ihre Türen öffnen und zur sicheren, gemeinsamen
Beobachtung einladen.
Der nächste Merkurtransit findet bereits am 10.November 2019 statt,
er wird zumindest teilweise von Deutschland aus sichtbar sein. Danach
muss man sich bis zum 13.November 2032 bis zum nächsten Merkurtransit
gedulden.

Meteorologe Uwe Bachmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.05.2016