Thema des Tages

06-11-2017 14:40

Ein erster Wintergruß

Entdeckten Sie beim morgendlichen Blick aus dem Fenster eine farblich
veränderte Landschaft? Falls ja, dann wohnen Sie wahrscheinlich an
den Alpen, im unmittelbar angrenzenden südlichen Alpenvorland oder im
Hochschwarzwald. Dort wandelte sich die Umgebung vom herbstlichen
Braunton zu einer weißen Winterlandschaft. Aufmerksame Leserinnen und
Leser unserer Themen des Tages dürften aber kaum überrascht worden
sein, denn bereits in der vergangenen Woche hatte sich dieser
Wintereinbruch in den Modellkarten abgezeichnet und wurde
entsprechend in den Wetterprognosen berücksichtigt (siehe Thema des
Tages vom 03.11.2017).



Die für den Wintereinbruch verantwortliche Kaltfront eines
Tiefdruckgebietes über Skandinavien erreichte am Abend des gestrigen
Sonntags die Alpen. Mit dieser strömte Meeresluft polaren Ursprungs
bis in den äußersten Süden Deutschlands. Ein weiteres Tief über dem
Golf von Genua führte durch Aufgleitprozesse aus Süden zudem über dem
Alpenraum zu länger anhaltenden Niederschlägen. Aufgrund dieser
Kombination kam es durch die absinkende Schneefallgrenze zu
Schneefällen bis in viele Alpentäler. An unseren Messstellen im
äußersten Süden wurde meist bis 800 m herab eine geschlossene
Schneedecke registriert. Eine Auswahl an Schneehöhenmessungen:
Flintsbach (1101 m) 16 cm, Feldberg (1490 m) 15 cm, Aschau-Stein (680
m) sowie Immenstadt-Reute (960 m) und einige Stationen im
Hochschwarzwald 4 cm. Selbst im relativ tief gelegenen
Kiefersfelden-Gach (518 m) wurden 2 cm beobachtet.



Die Bestimmung der Schneehöhe mit automatischen Messsystemen ist kein
einfaches Unterfangen. Seit längerer Zeit sind dafür
Ultraschallsensoren im Einsatz, die mittels Laufzeitmessung eines
Ultraschallimpulses (Frequenz 50 kHz) die aktuelle Schneehöhe
indirekt und berührungslos bestimmen können. Der Sensor ist dafür an
einem galgenähnlichen Gestänge so angebracht, dass der regelmäßig
ausgesendete Messimpuls im rechten Winkel auf die Oberfläche trifft.
Dieses Ultraschallsignal wird anschließend von der Schneedecke
reflektiert und vom Sensor wieder aufgenommen. Mittels
Laufzeitmessung des Signals kann die sogenannte "freie Länge"
(Bereich zwischen Sensor und Oberfläche) bestimmt werden. In Kenntnis
der Montagehöhe ist die Berechnung der Schneehöhe nur mehr ein
einfacher mathematischer Vorgang. Zu beachten gilt allerdings, dass
die Geschwindigkeit des Ultraschalls stark von der Temperatur
abhängig ist. Daher muss die Laufzeitmessung anhand einer separat
erhobenen Lufttemperatur korrigiert werden.



Ein weiteres Messverfahren bedient sich dem Prinzip der
laserbasierten Entfernungsmessung. Dabei behilft man sich, wie bei
der Ultraschallmethode, einer Laufzeitmessung des ausgesandten und
reflektierten Laserstrahls. In vielen Haushalten wird dieses
Messprinzip bereits gut bekannt sein, denn fast jeder Handwerker
verwendet bei der professionellen Vermessung der Wohnung mittlerweile
ein Lasermessgerät. Bei diesem optischen Verfahren muss der Sensor
nicht im rechten Winkel auf die Schneedecke gerichtet sein, daher ist
die Anbringung des Sensors am Hauptmast möglich und ein Ausleger
entbehrlich. Zudem ist keine ergänzende Bestimmung der Lufttemperatur
erforderlich, da dieses Messverfahren nicht von der Temperatur
abhängig ist.



Beiden Messsystemen ist gemeinsam, dass die 24-stündige Neuschneehöhe
nicht exakt bestimmt werden kann. Die einfache Subtraktion von zwei
24 Stunden auseinanderliegenden Schneehöhenmessungen weist immer
einen Fehlerbereich auf, da in der Schneedecke je nach
meteorologischen Einflüssen (Lufttemperatur, Wind oder Strahlung) und
Schneedeckenhöhe unterschiedliche Setzungsprozesse stattfinden. Um
dies zu kompensieren melden viele ehrenamtliche Beobachter dem
Deutschen Wetterdienst einmal am Tag neben der gemessenen Schneehöhe
auch die manuell gemessene 24-stündige Neuschneehöhe. Für die
Erhebung wird ein sogenanntes "Schneebrett" verwendet, das man
einschneien lässt. In den Frühstunden erfolgt die Messung des
Schneezuwachses mittels eines handelsüblichen Zollstocks. Nach der
anschließenden Reinigung des Brettes kann schließlich ein neuer
Messzyklus beginnen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.11.2017

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