Thema des Tages

09-11-2017 14:40

Den Durchblick nicht verlieren

Die erwarteten Sichtweiten finden in den Standardwetterberichten,
anders als in den Produkten der Flug- oder Seewettervorhersage,
normalerweise keine große Erwähnung. Die einzige und gleichzeitig
sehr wichtige Ausnahme ist der Nebel, da dieser durch die sehr
geringe Sichtweite eine warnwürdige Wettererscheinung darstellt. In
den letzten Nächten mussten aufgrund der Wetterlage beispielsweise
häufig Warnungen vor Nebel ausgesprochen werden. Dies ist nach
unseren Warnkriterien immer dann der Fall, wenn die Sichtweite
gebietsweise unter die Schwelle von 150 m sinkt. Besonders für den
Straßenverkehr stellt der Nebel eine große Gefahr dar. Immerhin kann
bei Geschwindigkeiten von mehr als 130 km/h und ungünstigen
Straßenbedingungen der Anhalteweg (d.h. die Summe aus Brems- und
Reaktionsweg) die Marke von 150 m bereits erreichen oder sogar
überschreiten.



Die Unfallstatistik des Statistischen Bundesamtes für 2016
(erschienen am 06.07.2017) listet unter anderem die verschiedenen
Unfallursachen auf. Dieser Zusammenstellung ist zu entnehmen, dass im
Jahr 2016 insgesamt 407 Unfälle mit Personenschaden auf Nebel
zurückzuführen waren. Dabei gab es in der Summe 619 Verunglückte,
wobei 16 Personen getötet wurden. Zu diesen Unfällen mit
Personenschaden kommen zusätzlich noch 135 Unfälle mit erheblichem
Sachschaden. Dies zeigt eindrücklich, dass bei schlechten
Sichtbedingungen die Geschwindigkeit den äußeren Umständen unbedingt
angepasst werden muss. Bei einem plötzlich auftretenden Hindernis
sollte es möglich sein, das Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen zu
bringen.



Die atmosphärische Sichtweite ist allgemein formuliert von
verschiedenen Parametern abhängig. Ganz entscheidend sind dabei
Hydrometeore oder Aerosole, die die Sicht in der Luft stark
beeinflussen können. Als Hydrometeore werden beispielsweise
Regentropfen, Schneeflocken, Graupel sowie Eis- und Hagelkörner
bezeichnet. Zudem sind auch sogenannte "Lithometeore" wie Staub und
Rauch von größerer Bedeutung. Die Luftverschmutzung (Aerosole) trägt
zudem noch zur Dämpfung der Sicht bei. Sinkt die Sichtweite unter 8
km wird von Dunst gesprochen. Ist die Sicht sogar auf 1000 m
begrenzt, liegt definitionsgemäß bereits Nebel vor.



In den Herbstmonaten weist die Sichtweite oft einen großen vertikalen
Unterschied auf. In den Niederungen hält sich insbesondere bei
schwachwindigen Wetterlagen feuchtkühle Luft. Je länger dieser
austauscharme Zustand anhält, desto stärker wird die Luftmasse
zusätzlich mit Aerosolen verschmutzt. Als Ausgleich kann aber eine
Fahrt in die Berge dienen, da dort bei stabilen Hochdrucklagen oft
eine herrliche Aussicht genossen werden kann. Dafür verantwortlich
ist die dort befindliche meist sehr trockene und saubere Luft. Ganz
besonders kommt dieser Effekt bei Föhnwetterlagen an den Alpen zum
Tragen. Sichtweiten von mehr als 100 km sind dann nicht ungewöhnlich.
Werden mehr als 200 km Sicht erreicht, spricht man auf der Zugspitze
beispielsweise von einer "Ungewöhnlichen Fernsicht".



Allerdings darf in den nächsten Tagen weder eine "Ungewöhnliche
Fernsicht" auf den Bergen erhofft, noch muss eine ausgesprochene
Nebelsituation in den Niederungen befürchtet werden. Nachdem in der
Nacht zum Freitag bereits ein erster Tiefausläufer auf den Nordwesten
Deutschlands übergreift, folgt am Freitag tagsüber ein weiteres
Frontensystem. Dieses gehört zu einem nach Südskandinavien ziehenden
Tiefdruckgebiet, das im Norden und der Mitte für deutlich
auffrischenden Wind sorgt. Verbreitet muss dort mit starken Windböen
gerechnet werden, an den Küsten sowie in den Kammlagen der
Mittelgebirge kommt es sogar zu stürmischen Böen oder Sturmböen.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.11.2017

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