Thema des Tages

09-05-2016 14:40

Das Wetter und der Rasen

In der heutigen Zeit ist die Rasenpflege zu einer richtigen
Wissenschaft geworden. Sämtliche Sportvereine, die auf das satte Grün
als Spielfläche angewiesen sind (Golf, Fußball, Tennis, Football,
etc.), haben - sofern sie es sich leisten können - Platzwarte oder
neudeutsch: "Greenkeeper" angestellt. Sie sind verantwortlich für die
fachgerechte Instandhaltung und Bewirtschaftung der Anlage. Das
Aufgabenspektrum umfasst dabei unter anderem die essentiellen
Arbeitsschritte des Mähens, Vertikutierens (Anritzen der Grasnarbe),
Aerifizierens (Belüftung des Bodens), Düngens und des Nachsäens.
Nicht selten entflammt sich aber auch der Nachbarschaftsstreit
zwischen "Häuslebesitzern" und Hobbygärtnern am möglichst perfekten
Zustand des heimischen Rasens. Mancherorts tobt hierbei sogar ein
wahrer Wettstreit, der sich über die Art der Blumen, die Hecke bis
zum Unkraut in der Einfahrt.

Die drei Grundbedürfnisse eines üppigen Grüns, die von der Atmosphäre
beliefert werden, lauten wie folgt:

Wasser:

Wasser stellt bekanntlich eine der Grundlagen des Lebens auf der Erde
dar. Insbesondere in den Sommermonaten beträgt die potentielle
Verdunstung je nach Pflanzen- und Bodenart nicht selten über 5 Liter
pro Quadratmeter pro Tag. Ein Wasserbedarf um 30 Liter pro
Quadratmeter pro Woche ist daher bei längeren Trockenperioden in den
Sommermonaten keine Seltenheit. Das Bewässern sollten Sie im
Idealfall in den frühen Morgenstunden durchführen. Das Wasser gelangt
bei ausreichender Bewässerungsdauer (circa 30 Minuten) tief in den
Boden und wird so länger gespeichert. Das Wurzelwerk wird dabei auch
angeregt sich tiefgründig zu verzweigen, wodurch die Gräser robust
genug werden, um eine längere Trockenperiode auch ohne tägliches
Wässern zu überstehen. Gießt man tagsüber, verdunsten die
Wassertropfen direkt auf den Halmen nicht nur schnell wieder, sondern
wirken aufgrund der Brechung und Fokussierung des Lichts wie ein
Brennglas. In den Abendstunden hingegen besteht die erhöhte Gefahr
der Pilzbildung und des Schädlingsbefalls über Nacht, da die
Feuchtigkeit auf den Pflanzenteilen nicht mehr vollends abtrocknet.

Wärme:

Entscheidend für das Pflanzenwachstum sind weniger die Luft- als viel
mehr die Bodentemperaturen - blendet man Schäden durch Luftfrost
einmal aus. Die Bodentemperatur kann dabei je nach Bodenart,
Wassergehalt, Relief, Bewuchs, Erdwärme usw. erheblich von der
Lufttemperatur abweichen. Trockene Sandböden weisen aufgrund ihres
hohen Luftanteils (geringe Wärmekapazität) beispielsweise einen
großen Tagesgang in ihrer oberflächennahen Temperatur auf. Während
sie sich tagsüber bei Einstrahlung schnell aufheizen, kühlen sie
nachts rasch aus. Lehmige Böden mit einem hohen Wasseranteil (große
Wärmekapazität) dagegen erwärmen sich zwar langsam, haben aber die
Eigenschaft die Wärme dann besser speichern zu können und kühlen
entsprechend langsam aus. Zumindest bei bewölkten Verhältnissen
stimmt die vorherrschende Luft- mit der Bodentemperatur in 5 cm Tiefe
ungefähr überein. Laut einer Studie der North Carolina State
University beträgt die optimale Bodentemperatur für das
Wurzelwachstum 10 bis 18°C, für das optimale Sprosswachstum 15 bis
24°C.
Damit ergibt sich ein Überlappungsbereich von einer Temperaturspanne
zwischen 15 und 18°C, bei der der Rasen sowohl unter- als auch
oberirdisch am besten gedeiht. Das betrifft hierzulande
klassischerweise den Zeitraum beginnend etwa Mitte April bis Mitte
Oktober, wobei aber in milden Jahren selbst in den Wintermonaten
Wachstum vorzufinden ist. Fällt die Temperatur unter 0,5°C oder
übersteigt sie 25°C, dann unterbleibt das Wurzelwachstum komplett.
Beim Sprosswachstum sind die kritischen Werte 5°C beim Minimum und
32°C beim Maximum. Daher sollten sie während länger andauernden
Hitzeperioden im Hochsommer mit dem Mähen vorsichtiger sein und die
Schnitthöhe ruhig etwas größer belassen.

Die aktuellen Temperaturen in einer Tiefe von 5 cm liegen zwischen 14
Grad im höheren Bergland und 19 Grad entlang des Rheins, also
ziemlich flächendeckend im "optimalen" Wachstumsbereich (siehe
aktuelle Tagesgrafik im Anhang). Weitere Informationen zum
Gartenwetter mit einer Vorhersage der Rasenschnittbedingungen, des
Bienenflugs, der Frostgefahr und vielem mehr finden Sie für Ihre
Region unter:

http://www.dwd.de/DE/fachnutzer/freizeitgaertner/_node.html

Licht:

Licht ist ein nicht zu unterschätzender Einflussfaktor. Immerhin
stellt es für Pflanzen - neben der Verfügbarkeit von Wasser - den
wichtigsten Ökofaktor dar, weil es die Energie für die Photosynthese
liefert. Dabei stellt der grüne Pflanzenfarbstoff Chlorophyll unter
Einbezug von Wasser aus dem Boden und Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der
Luft Energiepolster in Form von Stärke und Zucker her, die dann für
das Wachstum zur Verfügung stehen. Zur "dunklen Jahreszeit" wird
dadurch - insbesondere bei bedecktem Himmel - das Wachstum trotz
milder Temperaturen deutlich gehemmt.

Unter den beschriebenen Gesichtspunkten verwundert es daher nicht,
dass viele Firmen, die sich auf die Produktion von Rollrasen
spezialisiert haben und von denen beispielsweise auch einige
Fußball-Bundesligisten ihre Spielflächen beziehen, in den
Niederlanden ansässig sind. Das kombinierte, ideale
"Rasenwachstumswetter" mit einem Wechsel aus Sonne und Regenschauern
bei Temperaturen zwischen 15 und 18 Grad ist am häufigsten in den
maritim beeinflussten Klimata Westeuropas zu finden. Aber auch in
Deutschland haben sich landesweit zahlreiche Unternehmen etabliert,
die das satte Grün bei Bedarf auch im privaten Garten verlegen.
Unabhängig ob es nun warm oder kalt, nass oder trocken, hell oder
dunkel ist; eine alte Weisheit eint alle passionierten
Landschaftsgärtner: "Solange der Rasen wächst, sollten Sie ihn auch
mähen."

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 09.05.2016

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