Thema des Tages

06-12-2017 14:40

Wenn Vulkane das Klima abkühlen

Alarmstufe Rot auf Bali: Ein Vulkan spuckt Feuer und Asche und droht
das eigentliche Urlaubsparadies zur "Hölle auf Erden" zu verwandeln.
Nach den Ausbrüchen Ende November, hat sich "Gunung Agung", was auf
Indonesisch so viel heißt wie "großer Berg", zwar wieder beruhigt,
doch Experten bezeichnen diese Ruhe als trügerisch, könne doch bald
schon ein weiterer gewaltiger Ausbruch folgen. Laut nationaler
Katastrophenschutzbehörde gilt demnach weiterhin die höchste
Alarmstufe Rot. Das Gebiet um den Krater herum wurde zur Sperrzone
deklariert, 100.000 Menschen evakuiert.

Vulkanausbrüche bleiben aber nicht immer nur ein lokales geologisches
Phänomen, das eine direkte Bedrohung für die in unmittelbarer Nähe
lebenden Menschen darstellt. Die gewaltigsten Eruptionen explosiver
Vulkane können mitunter zu einem Ereignis globaler Dimension werden ?
nämlich dann, wenn sie ihre "Macht" ausspielen, indem sie "den Himmel
verdunkeln" und somit das Klima temporär beeinflussen zu können.

Es ist sicherlich noch viel zu früh, im Falle des Vulkans "Agung" von
einem drohenden globalen, klimabeeinflussenden Ereignis zu sprechen.
Denn dafür benötigt es einen außergewöhnlich intensiven und
explosiven Ausbruch, mit dem gewaltige Mengen Asche und Gase bis in
die Stratosphäre, also bis mindestens 15 km Höhe, eingetragen werden.
Dort kann sich das Gemisch viel länger halten, als in der darunter
liegenden Troposphäre, und sich so in "aller Seelenruhe" durch die
großräumigen Luftzirkulationen über den ganzen Globus verteilen. In
der darunter liegenden, viel "lebendigeren", da von regem
Massenaustausch in der Senkrechten charakterisierten Wetterschicht
sorgen verschiedenste Phänomene nämlich dafür, dass das
Asche-Gas-Gemisch aus der Luft ausgetragen, durch
Niederschlagsprozesse beispielsweise binnen weniger Tage ausgewaschen
wird.

In der "trägeren" Stratosphäre spielt schließlich das Schwefeldioxid
als gasförmiger Bestandteil des durch den Vulkan ausgestoßenen
Materials die Schlüsselrolle. Durch chemische Reaktionen entstehen
aus diesen Schwefelgasen sog. Sulfat-Aerosole, winzige feste
Teilchen, die die Sonnenstrahlung ziemlich effektiv reflektieren und
absorbieren können, bevor sie die Erdoberfläche erreicht. Weniger
Sonnenstrahlung auf der Erdoberfläche bedeutet, dass sich diese und
auch die darüber liegende Luft nicht mehr im gleichen Maße erwärmen
können wie zuvor ? das Klima kühlt ab. Es sind also nicht, wie man
meinen könnte, die mit bloßem Auge sichtbaren Asche- bzw.
Rußpartikel, die den entscheidenden klimabeeinflussenden Faktor bei
Vulkanausbrüchen darstellen. Zwar sind die riesigen Aschewolken auch
ein ziemlich effektiver "Sunblocker", doch ihre Verweilzeit ist
selbst in der Stratosphäre verhältnismäßig kurz. Es ist die Menge an
ausgestoßenem Schwefeldioxid und die sich daraus entwickelnden, über
mehrere Jahre in der Stratosphäre verbleibenden Sulfat-Aerosole, die
das Klima beeinflussen.

Doch nicht nur die Menge an Schwefeldioxid ist entscheidend, sondern
auch die geographische Position, an der sich der Vulkanausbruch
ereignet. So sind Eruptionen in Äquatornähe besonders wirkungsvoll
beim Abkühlen des Klimas. Denn von dort aus verteilt die globale
Zirkulation das ausgestoßene Material sowohl über die Nord- als auch
die Südhemisphäre.

Als Beispiele solcher klimabeeinflussender Vulkanausbrüche können
Tambora (1815), Krakatoa (1883), Mount St. Helens (1980), El Chichon
(1982) und Pinatubo (1991) angeführt werden. In der Folge des
Ausbruches des Pinatubo 1991 beispielsweise sank die global
gemittelte Temperatur ein Jahr später um 0,5 Grad, was sich wenig
anhört, im Maßstab des globalen Klimasystems aber wirklich enorm ist
und mitunter gewaltige Auswirkungen auf das regionale Wetter hatte.

Die letzten Eruptionen am "Gunung Agung" auf Bali erreichten eine
Höhe von ca. 10 km. Um einen signifikanten Eintrag an Gas in die
Stratosphäre zu erzielen, muss die Eruptionssäule aber bis in eine
Höhe von mindestens 15 km gelangen. Gelingt dies, hat "Agung"
aufgrund seiner günstigen Position auf gerade einmal 8 Grad südlicher
Breite durchaus das Potential über einige Jahre ein entscheidender
Klimafaktor zu werden. Daher darf sich der Vulkan auf Bali der
Aufmerksamkeit von Geologen und Klimaforschern weiter gewiss sein.

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.12.2017

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