Thema des Tages

14-12-2017 14:40

Eine marine Hitzewelle in der Tasmanischen See


Seit diesem Herbst ist es wieder so weit: Nach dem Auftreten eines
sehr schwachen El Nino Ereignisses vor der südamerikanischen
Westküste im vergangenen Sommer, das aus heutiger Sicht nur sehr
knapp das Kriterium eines El Ninos erfüllt hat, trat während der
Übergangsjahreszeit "Herbst/Winter" (auf der Südhalbkugel
"Frühjahr/Sommer") zunehmend das Gegenstück "La Nina" in Erscheinung.
Diese Zirkulationsanomalie soll sich im Verlauf dieses Winters
ebenfalls zu einem nur schwachen Ereignis entwickeln. Über die
Entstehung dieser Zirkulationsanomalien können im DWD Lexikon unter
"http://bit.ly/2BAL0E4" mehr Informationen eingeholt werden. Ganz
grob zusammengefasst werden während eines La Nina Ereignisses durch
stärkere Nordostpassatwinde große oberflächennahe Wassermengen nach
Westen gedrängt, sodass über dem östlichen Pazifik kaltes
Tiefenwasser aufsteigen kann. Die Folge sind dann kühlere
Meeresoberflächentemperaturen im Vergleich zum klimatologischen
Mittel. Das aktuelle La Nina Ereignis spiegelt sich beim Blick auf
die täglich berechneten Wassertemperaturanomalien der Ozeane wider
(siehe Bild im Anhang). Westlich von Südamerika ist eine ausgedehnte
Schleppe mit negativen Wassertemperaturabweichungen besonders in
Äquatornähe auszumachen, während diese im Westpazifik durchweg
positive Werte aufweisen.

Beim Blick auf die Anomalie-Karte fällt besonders eine dunkelrote,
sehr warme Region ins Auge: Die Tasmanische See zwischen
Südostaustralien und Neuseeland und das Seegebiet östlich von
Neuseeland (siehe Abbildung). Zwar ist bekannt, dass ein La Nina
Ereignis Auswirkungen auch auf das Wetter und Klima in Neuseeland und
Australien haben kann, allerdings macht sich dies dort meist nur in
stark abgeschwächter Form bemerkbar.
Doch woher rührt nun aktuell diese gewaltige Wärmeblase? Um diese
Frage zu beantworten, muss man auf die Druckverteilung der
vergangenen Wochen zurückschauen. Dabei ist ein nahezu ortsfestes und
sich wiederholt regenerierendes Hochdruckgebiet über der Region zu
erkennen, das seit nun mehr als einem Monat das Wetter in der Region
bestimmt. Als Beispiel dafür dient Hobart, die Hauptstadt von
Tasmanien, wo der Rekord für den durchschnittlichen Monatsluftdruck
im November bisher bei 1018.8 hPa im Jahr 2007 lag. Aktuell wurde nun
ein mittlerer Luftdruck von 1019.6 hPa erreicht: ein neuer Rekord für
einen November und mehr als 7 hPa über dem Mittel von 1961 bis 1990!


Dieses beständige Hochdruckwetter sorgte auch dafür, dass das
Meeresoberflächenwasser weniger stark aufgewühlt wurde. Während eines
La Nina Jahres gewinnen die Passatwinde nördlich von Neuseeland an
Kraft und unterdrücken dort neben dem Niederschlag auch die
Durchmischung der Meeresoberfläche. Gleichzeitig sorgt ungewöhnlich
hoher Luftdruck im Süden für stabile Verhältnisse. Diese, einem La
Nina Jahr entsprechende Wind- und Druckverteilung, spiegelt sich auch
aktuell bei der Wassertemperaturabweichung wider, die nördlich von
Neuseeland normale bis leicht negative Werte aufweist. Unter dem
Hochdruckeinfluss allerdings konnte sich die Meeresoberfläche dank
der intensiven, äquatornahen Einstrahlung und der fehlenden
Durchmischung immer weiter auf mittlerweile extreme Werte aufheizen.
So liegen die Wassertemperaturen aktuell rund um Auckland (im Norden
von Neuseeland) bei 21 bis 23 Grad mit ersten inoffiziell gemeldeten
Spitzen bis 25 Grad. Dies sind Abweichungen vom langjährigen Mittel
(1971 bis 2000) von teils mehr als 4 Grad mit punktuellen
Spitzenabweichungen von mehr als 6 Grad. Diese extrem warmen
Temperaturen werden zwar hauptsächlich oberflächennah beobachtet,
doch auch in rund 200 m Wassertiefe liegen die positiven Abweichungen
bei 1 bis 3 Grad. Kein Wunder, dass sich dieses warme Wasser auch auf
die gesamte Region auswirkt, wo auf dem Festland im November
unzählige Wärmerekorde verbucht wurden (die Auswirkungen auf das
Ökosystem im Meer wird hier nicht näher betrachtet).

Der australische Wetterdienst hat vor wenigen Tagen in einem
speziellen Bulletin einige der Rekorde dieser Wärmeperiode
beschrieben, wobei man nicht vergessen darf, dass auf der
Südhalbkugel der Sommer gerade erst begonnen hat. In Melbourne wurden
im November 12 Tage mit mehr als 30 Grad Celsius gemessen, was den
früheren Rekord von 10 Tagen aus dem Jahr 2009 übertrifft. In
Victoria lag die mittlere Monatstemperatur mehr als 3 Grad über dem
Mittel von 1961 bis 1990. Noch wärmer war es in Tasmanien mit einer
Abweichung der durchschnittlichen Tageshöchsttemperatur von knapp 4
Grad, was den Rekord von 1914 nochmals um 2 Grad übersteigt und somit
regelrecht pulverisiert. Es verwundert auch nicht, dass der Monat bei
diesem Hochdruckbollwerk deutlich trockener als normal ausfiel.

Zu befürchten ist, dass das anhaltend warme Wasser in diesem Sommer
noch weitere Monate mit positiven Temperaturabweichungen hervorrufen
wird. Letzte Vorhersagen des australischen Wetterdienstes sagen daher
auch für Südaustralien für die Sommersaison eine deutliche positive
Temperaturabweichung voraus.


Dipl.-Met. Helge Tuschy
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 14.12.2017

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