Thema des Tages

15-12-2017 14:40

Erhebliche Lawinengefahr in den Alpen

Schneebrett-, Lockerschnee- und Gleitschneelawinen: Viele haben davon
schon einmal gehört, alle sind gefährlich - nur was sind die
Unterschiede?
Um die Entstehung von Lawinen zu verstehen, muss man zunächst einmal
wissen, dass sich eine Schneedecke aus den verschiedenen
Schneeschichten der einzelnen Niederschlagsereignisse zusammensetzt.

Sind diese einzelnen Schneeschichten fest miteinander verbunden, ist
die Lawinengefahr gering. Hat sich die Schneeoberfläche jedoch
ungünstig verändert (z.B. durch Oberflächenreif oder
Graupelschichten) oder konnte sich während eines starken Schneefalls
der Schnee nicht genügend verfestigen und sich mit der darunter
liegenden Schneeschicht verbinden, so kann es zu einem Bruch
innerhalb der Schneedecke kommen. Dadurch steigt die Lawinengefahr.

Für Wintersportler besonders gefährlich sind Schneebrettlawinen, die
über 90% der Lawinenopfer fordern. Sie entstehen, wenn eine gebundene
Schneeschicht (das "Schneebrett") auf einer schwachen Schneeschicht
(zwischen den Eiskristallen bestehen nur wenige und schwache
Verbindungen) liegt. Gibt es nun eine Überbelastung der
Schwachschicht (z.B. durch Schneefall oder auch durch einen
Wintersportler), brechen zunächst nur einzelne Verbindungen zwischen
den Eiskristallen, dann aber immer mehr. Der Bruch breitet sich
rasant innerhalb der Schwachschicht aus, parallel zum Hang - ähnlich
einem Kartenhaus, das von einer Stelle beginnend in sich
zusammenstürzt. Ist der Hang steiler als ca. 30°, so rutscht das
Schneebrett immer schneller auf der gebrochenen Schwachschicht
hangabwärts. Die typische durch Wintersportler ausgelöste
Schneebrettlawine ist 50 Meter breit und 150-200 Meter lang. Wer ein
solches Schneebrett auslöst, wird von der Lawine häufig erfasst.

Schneebrettlawinen können im trockenen oder nassen Schnee abgehen,
auch lange nach einem Schneefall. Typisch für die Bildung einer
Schneebrettlawine ist Triebschnee (vom Wind verlagerter Schnee),
sodass der altbekannte Spruch "Der Wind ist der Baumeister der
Lawinen" nach wie vor als bare Münze genommen werden kann.

Lockerschneelawinen sind oft ungefährlicher. Sie breiten sich von
einem Punkt kegelförmig nach unten aus. Lockerschneelawinen gehen oft
während oder kurz nach einem Schneefall oder bei plötzlicher starker
Erwärmung ab. Bei trockenem (Pulver)Schnee ist im Auslösepunkt in der
Regel eine Neigung von 40° erforderlich. Dabei lösen sich
Lockerschneelawinen spontan. Ist jedoch ein Wintersportler der
Auslöser, so wird er normalerweise nicht verschüttet, weil die Lawine
unter ihm abgeht und die Schneemassen nicht so mächtig sind.
Insgesamt fordert diese Lawinenart weniger als 10% der Lawinenopfer.

Gleitschneelawinen haben ähnlich wie Schneebrettlawinen einen
breiten, linienförmigen Anriss. Allerdings rutscht bei ihnen die
gesamte Schneedecke ab, was nur auf glattem Untergrund (z.B. Gras-
oder Felshang) möglich ist. Sie entstehen meist spontan, wenn z.B.
der warme Boden die unterste Schneeschicht anfeuchtet und damit die
Haftreibung abnimmt.

Derzeit besteht in weiten Teilen der Alpen eine erhebliche bis große
Lawinengefahr (Stufe 3, in den Schweizer Alpen teils sogar Stufe 4
von 5). In höheren Lagen (über ca. 1600 m) geht diese vor allem durch
Triebschnee aus, in tiefen und mittleren Lagen durch Gleitschnee.
Erst vor 2 Tagen ging im österreichischen Skigebiet
Serfaus-Fiss-Ladis eine Lawine ab, die ein Todesopfer forderte.
Insbesondere bei Skitouren oder anderen Aktivitäten abseits der Piste
sei deshalb noch einmal auf die Wichtigkeit hingewiesen, sich auf den
entsprechenden Internetseiten im Vorfeld über die aktuelle
Lawinengefahrensituation zu informieren:

https://www.lawinenwarndienst-bayern.de/ (Bayerische Alpen)
http://www.lawinen.at/ (Österreichische Alpen)
https://www.slf.ch/ (Schweizer Alpen)

Über eine weitere gefährliche Lawinenart - die Staublawine - und die
wichtigsten Präventionsmaßnahmen um sich vor einer Lawine zu
schützen, können Sie am kommenden Montag an dieser Stelle lesen.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.12.2017

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