Thema des Tages

05-01-2018 14:40

Dauerregen- und Tauwetter-Update

Für ein Abschlussstatement ist es noch etwas zu früh. Aber ein
Zwischenfazit kann man schon mal ziehen. Bezüglich was? Bezüglich der
Dauerregensituation in Teilen Deutschlands! Immerhin laufen die
aktuellen Dauerregenwarnungen im Schwarzwald seit der Nacht zu
Mittwoch und somit schon seit über 2 Tagen.

Einen Eindruck von den bisher gefallenen Niederschlagsmengen
vermittelt die beigefügte Grafik. Sie zeigt die Niederschlagssummen
der letzten 3 Tage bis zum heutigen Morgen um 07 Uhr MEZ. Dabei gilt
es allerdings, eine gewisse Vorsicht walten zu lassen. Denn die
Daten, aus denen die flächige Verteilung des Niederschlags abgeleitet
wurde, stammen aus dem Radarverbund des Deutschen Wetterdienstes,
während die Zahlenwerte direkt aus dem DWD-Messnetz stammen. Die
flächige Darstellung muss also nicht an jedem Ort exakt mit dem
tatsächlich gefallenen Niederschlägen übereinstimmen.

Ein weiteres kleines Problem stellt die Farbabstufung dar. Während
die Zahlen aus dem Messnetz ab einem Wert von 50 mm (Liter pro
Quadratmeter) rot eingefärbt werden, geschieht dies bei den
Radardaten erst ab einem Wert von 90 mm (Legende links). Aber trotz
der Unterschiede: Die verschiedenen Quellen liefern qualitativ ein
recht einheitliches Bild der Lage.

Und dieses Bild besagt, dass drei Regionen besonders von den
Niederschlägen betroffen waren. Die erste reicht vom Dollart im
Westen bis zur Ostsee und betrifft damit weite Bereiche der
Küstenregionen. Dort sind verbreitet 30 bis 50mm Regen gefallen, die
feinere Auflösung des Radars deutet in Ostfriesland, nordwestlich von
Hamburg und südlich des Darß auch Mengen um 70 mm an, wobei es sich
aber um ?Radarfehler? (Bright-Band) handeln dürfte. Trotzdem:
Klimatologisch betrachtet kommt man mit den bisher gefallenen Mengen
schon recht nahe an das gesamte Niederschlagssoll des Januars heran,
welches beispielsweise in Aurich (Ostfriesland) um 65 mm liegt.

Die zweite stark betroffene Region ist der westliche
Mittelgebirgsbereich. So sind im betrachteten Zeitraum im
saarländischen Tholey 68 mm gefallen, aber auch an anderen Stationen
der Region wurden mehr als 50 mm Niederschlag beobachtet. Recht
interessant für den detailverliebten Beobachter: Im Westen deutet
sich an, dass die gemessenen Werte tendenziell etwas höher liegen als
die aus den Radardaten abgeleiteten, während im Norden die Radardaten
höhere Niederschläge liefern als die Messtöpfe. Ein Grund könnte in
der Orografie liegen, die einerseits eine präzise Radarmessung
erschwert, andererseits aber die räumliche Variabilität der
Niederschlagsverteilung erhöht (Stichwort Stauniederschläge), was
Abweichungen zwischen Radar und Messnetz wahrscheinlicher macht.

Die dritte und letzte Regen-Region ist der Süden. Verbreitet sind
dort in den letzten 3 Tagen 30 bis 70 mm zusammen gekommen. Auch das
reicht, ähnlich wie im Norden, normalerweise für einen ganzen Januar.
Man könnte hier das Beispiel Augsburg herausgreifen, wo im Januar im
vieljährigen Mittel etwa 45 mm Niederschlag üblich sind.

Will man Aussagen zum Tauwetter und den Abflussmengen treffen, wird
die Lage noch etwas verzwickter. Denn einerseits ist zu Beginn einer
Tauwettersituation nie wirklich klar, welche Wassermengen eigentlich
in der Schneedecke stecken. Andererseits ist gerade im Süden die
Schneefallgrenze in den letzten Tagen starken Schwankungen
unterworfen gewesen. Dies bedeutet, dass wohl nicht nur Regen,
sondern zumindest zwischenzeitlich auch Schnee gefallen ist ? der
nicht oder wiederum nur verzögert zum Abfluss kommt. Ein Beispiel
hierfür dürften die 127 mm sein, die an der in Österreich auf 1100
Meter gelegenen Station Hinterhornbach (blauer Kasten) gemessen
worden sind. Da dort zumindest zeitweise Schnee gefallen ist,
wiedersprechen die hohen Niederschlagsmengen nicht zwangsläufig den
avisierten Abflussmengen von bis zu 100 mm in der Region.

P.S.: Definitiv zu früh, selbst für ein Zwischenfazit, ist es, wenn
man den Blick auf die Hochwassersituation wendet. Entsprechende,
ständig aktualisierte Infos finden Sie unter
www.hochwasserzentralen.de.

Dipl.-Met. Martin Jonas
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.01.2018

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