Thema des Tages

07-01-2018 14:40

Die "Bomben-Zyklone"

Die Ostküste der USA erlebt derzeit ziemlich ungewöhnliches
Winterwetter. Schnee und Sturm brachten in den vergangenen Tagen fast
der gesamten Küste teilweise chaotische Verhältnisse.
Flugstreichungen, Stromausfälle und geschlossene Schulen waren die
Folge, mehrere US-Staaten riefen den Notstand aus. Sogar in Florida
kam es zum ersten signifikanten Schneefall seit 29 Jahren, Bilder von
Schnee auf Palmen machten die Runde. Mittlerweile herrscht nach dem
Schneesturm eisige Kälte, die aber in der kommenden Woche bald wieder
vertrieben werden dürfte. In Florida sind dann sogar sommerliche
Höchstwerte von über 25 Grad möglich.

Im Zusammenhang mit dieser Wetterentwicklung der vergangenen Tage an
der US-Küste wurden seitens der dortigen Medien (vermutlich zuerst
von der "Washington Post", siehe https://www.washingtonpost.com/news/capital-weather-gang/wp/2018/01/0
4/historic-bomb-cyclone-unleashes-blizzard-conditions-from-coastal-vi
rginia-to-new-england-frigid-air-to-follow/?utm_term=.c2e898afe059)
ein neuer Wetterbegriff geprägt: die sogenannte "Bomben-Zyklone"
(engl. "bomb cyclone"). Einige weitere Medien (auch deutsche)
übernahmen den Begriff, wobei sie zum Teil fälschlicherweise daraus
den "Bomben-Zyklon" machten.

Nun gibt es zwischen einer Zyklone und einem Zyklon entscheidende
Unterschiede. Bei einer Zyklone handelt es sich um den
meteorologischen Fachbegriff für ein Tiefdruckgebiet. Ein Zyklon ist
zwar im Prinzip auch ein Tiefdruckgebiet, allerdings ist dieser Name
im deutschen Sprachgebrauch reserviert für tropische Wirbelstürme im
Indischen Ozean oder in der Südsee (Südwestpazifik). An der
US-Ostküste kann es folglich also keinen Zyklon geben, sehr wohl aber
natürlich Zyklonen.

Die Wortprägung der "Bomben-Zyklone" wurde vermutlich aus dem Begriff
"Wetterbombe" oder "Bombogenese" abgeleitet. Diesen Begriff
verwendeten erstmals Sanders und Gyakum 1980 in ihrem Fachartikel
"Synoptisch-dynamische Klimatologie der Bombe" ("Synoptic-Dynamic
Climatology of the Bomb"). Dabei handelt es sich um eine rapide
Zyklogenese, also um eine starke und schnelle Tiefdruckentwicklung.

Per Definition muss für eine rapide Zyklogenese der Luftdruck in den
mittleren Breiten innerhalb von 24 Stunden um 24 Hektopascal (hPa)
fallen. Auslöser einer rapiden Zyklogenese ist, wie bei der
Entstehung gewöhnlicher dynamischer Tiefdruckgebiete auch,
vereinfacht gesagt das Zusammentreffen von kalter Luft aus dem Norden
und warmer aus dem Süden (mehr Infos zur Tiefdruckentstehung finden
Sie in unserem Lexikon unter www.dwd.de/lexikon, Stichwort
"Zyklonentheorie"). Bei der rapiden Zyklogenese müssen die
Temperaturunterschiede überaus stark ausgeprägt sein. Besonders
geeignet für derartige Entwicklungen sind der Bereich des Golfstroms
und die Nordostküste Asiens (Nordwestpazifik).

So kann dann auch Deutschland von einem Tiefdruckgebiet mit rapider
Zyklogenese und damit der "Wetterbombe" heimgesucht werden. Ein sehr
bekanntes Beispiel dafür ist der Weihnachtsorkan "Lothar", der vor
der Küste Neufundlands entstand, am 26. Dezember 1999 über
Mitteleuropa und Deutschland hinweg zog und dabei immense Schäden
verursachte.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 07.01.2018

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