Thema des Tages

05-02-2018 09:20

Kohlekraftwerke - kleine "Wettermaschinen" (Teil 1)

Der stetige Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre trägt
bekanntlich zum globalen Klimawandel bei. Daran sind auch unsere
deutschen Stein- und Braunkohlekraftwerke beteiligt. Beispielsweise
stammen etwa 1/3 der gesamten CO2-Emissionen in Nordrhein-Westfalen
von den drei größten Braunkohlekraftwerken Deutschlands (Niederaußem,
Neurath und Weisweiler). Der Ausstoß dieses Klimagases ist für uns
unsichtbar und hat auf unser aktuelles Wettergeschehen keinen
Einfluss.



Bei der Stromerzeugung mit Kohlekraftwerken wird jedoch nicht nur CO2
erzeugt. Aus der Ferne fallen einem schon die großen Kühltürme auf.
Aus diesen werden große Mengen an Wasserdampf an die Atmosphäre
abgegeben. Im Gegensatz zum CO2 kann der Wasserdampf manchmal sogar
das aktuelle Wettergeschehen beeinflussen. Der Atmosphäre wird
nämlich nicht nur Wasserdampf, sondern auch die durch die Verbrennung
von Kohle entstandene Wärme zugeführt. Da warme Luft eine geringere
Dichte als die umgebende kühlere Luft besitzt, also für sich gesehen
leichter ist, steigt die feuchte und warme Kraftwerksluft auf. Dabei
wird sie abgekühlt und erreicht relativ schnell eine relative
Luftfeuchtigkeit von etwa 100 %. Die Luft ist somit gesättigt und
kann kein weiteres Wasser mehr aufnehmen. Beim weiteren Aufsteigen
kondensiert das überschüssige Wasser zu winzigen Wassertröpfchen.
Diesen Prozess kann man gut an den weißen Fahnen erkennen, die aus
den Kühltürmen in die Höhe schießen. Im Prinzip handelt es sich um
den gleichen Prozess, den man im Kleinen auch bei einem kochenden
Wassertopf sehen kann. Ist auch die Umgebungsluft nahezu gesättigt,
kann der Wasserdampf aus den Kühltürmen ausreichen, dass sich
stromabwärts der Kraftwerke größere Quellwolken bilden können,
während es in der Umgebung (nahezu) wolkenlos ist. Dies kann man
insbesondere im Sommer bei windschwachen Hochdruckwetterlagen
beobachten.



Auch im Winter können die Kraftwerke als kleine "Wettermaschinen"
agieren. Ebenfalls bei ruhigen Hochdruckwetterlagen bilden sich in
der unteren Atmosphäre häufig sogenannte Inversionen. Während
normalerweise die Lufttemperatur mit der Höhe abnimmt, steigt die
Temperatur innerhalb einer Inversionsschicht stark mit der Höhe an.
Diese Atmosphärenschichtung bezeichnet man in der Meteorologie als
sehr stabil, d.h. aufsteigende Luft kann diese Schicht nur sehr
schwer durchdringen. Daher steigt die Luft zunächst nur bis in die
Höhe der Inversionsschicht auf. Es bilden sich nachfolgend Wolken,
die sich anschließend an der Unterkante der Inversion seitlich in der
Fläche ausströmen; der im Winterhalbjahr berüchtigte zähe Hochnebel
breitet sich aus. Nun kommen die Kraftwerke ins Spiel. Die oben
beschriebene aufsteigende und energiereiche Luft kann es schaffen,
diese Inversion zu durchstoßen. Die Aufnahme des Wettersatelliten
SUOMI (linkes Bild) vom 2. Dezember letzten Jahres, 11:11 UTC (12:11
MEZ), zeigt dies eindrucksvoll. Zu sehen ist zunächst eine
großflächige glatte Hochnebeldecke. Nur Teile der Eifel und des
Sauerlands ragen aus dieser Wolkendecke heraus. Sieht man genauer
hin, fallen einem die drei oben genannten Kraftwerke auf. Die
feucht-warme und damit energiegeladene Luft aus den Kühltürmen
schafft es die Inversion oberhalb der Wolkendecke zu durchdringen und
strömt mit dem Wind Richtung Südwesten. Diese "Kraftwerkswolken"
werfen sogar einen Schatten auf die Hochnebeldecke. Auch etwa 3
Stunden später, 14 UTC (15 MEZ), ist auf einem weiteren
Satellitenbild (rechtes Bild, aufgenommen vom Wettersatelliten
METEOSAT) zu erkennen, dass sich die Orte dieser Kraftwerkswolken
nicht verändert haben, aber oberhalb der Hochnebeldecke der Wind von
Nordost auf Nord gedreht hat.



Liegt die Lufttemperatur zudem unter dem Gefrierpunkt und weht kaum
Wind, ist in seltenen Fällen sogar die Bildung von sogenanntem
"Industrieschnee" möglich. Dabei handelt es sich um meist leichten
Schneefall, der eng begrenzt um die Kraftwerkskühltürme fällt. Das in
der aufsteigenden Luft enthaltene Wasser kondensiert und gefriert bei
weiterem Abkühlen zu kleinen Eiskristallen, die anschließend zu Boden
fallen.



Im morgigen Teil 2 zeigen wir, dass die Kraftwerkswettermaschinen bei
klassischem Schauerwetter, wie es zum Beispiel in der letzten Woche
der Fall war, noch spektakulärere Wetterphänomene erzeugen können.

Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 05.02.2018

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