Thema des Tages

25-04-2018 08:50

Die Neumayer-Station - Teil 3: Wettervorhersage in der Antarktis

Wie und warum verschlägt es einen Meteorologen vom Deutschen
Wetterdienst eigentlich in die Antarktis? Nach dem DWD-Gesetz, das
die Aufgaben und Anforderungen an den Deutschen Wetterdienst
beschreibt, muss die Erbringung meteorologischer Dienstleistungen für
Kunden oder Nutzer insbesondere auch auf dem Gebiet der Wissenschaft
sichergestellt sein. Hier kommt das Alfred-Wegener-Institut (AWI) ins
Spiel, das unter anderem mit dem Forschungsschiff "FS Polarstern"
sowie der Neumayer Station III in der Antarktis als international
anerkanntes Kompetenzzentrum aktive Polar- und Meeresforschung
betreibt. Präzise Wettervorhersagen, die von einem speziell
trainierten Kompetenzteam der Seeschifffahrtsberatung in Hamburg
erstellt werden, sind dabei für die effiziente Planung und sichere
Durchführung der unterschiedlichsten Projekt- und Forschungsvorhaben
essentiell. Insbesondere in den Einsatzgebieten der polaren Breiten,
in denen bei ohnehin extremen Wetterbedingungen auch die ausgedünnte
Datenlage (geringe Stationsdichte, zeitlich inhomogene
Satellitenprodukte, kaum verfügbare hochauflösende Wettermodelle)
erschwerend hinzukommt, ist gerade der Erfahrungsschatz der
Meteorologen von noch größerer Bedeutung.

Bezogen auf die Wettervorhersage in der Antarktis beschränkt sich
unser Service aber nicht nur auf das unmittelbare Umfeld der
Neumayer-Station, sondern stellt sogar den deutschen Beitrag im
gesamten Königin-Maud-Land (norwegisch: Dronning Maud Land) dar. In
diesem Teil des antarktischen Kontinentes, der sich zwischen 20 Grad
West und 45 Grad Ost sowie von der Schelfeiskante im Norden bis etwa
85 Grad Süd erstreckt (vgl. Bild rechts oben vom Thema des Tages
04.04.2018), koordinieren verschiedenste Nationen (u.a. Norwegen,
Russland, Indien, Japan, etc.) ihre Forschungsaktivitäten. Mit einer
Gesamtfläche von rund 2,7 Mio. Quadratkilometern entspricht das
Vorhersagegebiet mehr als der siebenfachen Größe der Bundesrepublik
und das - wie erwähnt - bei deutlich reduzierter Datenmenge und
-qualität.

Die meteorologische Beratung vor Ort betrifft prinzipiell alle
wetterrelevanten Außenaktivitäten, unabhängig ob mit logistischem
oder wissenschaftlichem Hintergrund. Beginnend beim
Interkontinentalflug von Kapstadt/Südafrika in die Antarktis hinein,
über innerantarktische Verteilerflüge, Schiffsentladungen,
Meereisberatungen, Traversen bis hin zu Wettervorhersagen im
Stationsumfeld, die Bandbreite ist riesig. Gearbeitet wird von der
Neumayer-Station aus, in der der Vorhersagemeteorologe ein eigenes
Büro mit bestmöglicher Infrastruktur gestellt bekommt (siehe Anlage
links oben). Dadurch kann zum einen der innerantarktische
Erfahrungsschatz vor Ort sukzessive erweitert werden und zum anderen
die immens wichtige "face-to-face" Beratung mit Hauptnutzern wie
Logistikern und Piloten in individuellen Wetterbriefings gepflegt
werden.

Wie Sie im gestrigen Thema des Tages erfahren haben, liegt in den
plötzlich umschlagenden Wetterbedingungen bis hin zum White Out die
größte meteorologische Gefahr. Dieses Alleinstellungsmerkmal der
polaren Breiten macht die Vorhersage von Horizont- und
Kontrastverhältnissen erforderlich. Die Definierbarkeit der
Horizontlinie sowie des Bodenkontrasts lässt sich in vier Zustände
unterteilen (gut, mäßig, schlecht, nicht vorhanden).
Ein komplexes Zusammenspiel aus Bewölkung (Art, Bedeckungsgrad,
Untergrenze, Mächtigkeit), Niederschlag, Wind und Sonneneinstrahlung
bestimmt dabei den Zustand, wobei die Übergänge fließend sind (siehe
Anlage). Sie können sich also vorstellen, wie diffizil die Vorhersage
und Entscheidungsfindung in der Regel aussieht.

Für weitere Informationen zu diesem Thema sei Ihnen folgender Bereich
unserer Homepage nähergelegt:

https://www.dwd.de/DE/fachnutzer/schifffahrt/maritimberatung/_functio
ns/Teasergroup/thema_antarktisberatung.html?nn=355258

Falls Sie während der neuen Saison (Beginn: Ende Oktober/Anfang
November 2018) einmal in unseren Produkten "schmökern" wollen, können
Sie das jederzeit unter folgender Adresse tun:

https://www.awi.de/nc/en/science/long-term-observations/atmosphere/an
tarctic-neumayer/meteorology/forecast.html

Dipl.-Met. Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 25.04.2018

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