Thema des Tages

27-04-2018 07:50

Ein Tiefdrucksystem größer als die Erde

Wetter ist nicht nur ein irdisches Phänomen, wie früher angenommen
wurde. Auch auf den anderen Planeten in unserem und in anderen
Sonnensystemen sind meteorologische Vorgänge gegeben, vorausgesetzt,
sie sind von einer Gashülle umgeben.
Der Gasplanet Jupiter besitzt solch eine Atmosphäre ? und sie ist
enorm. Der Jupiter ist der Gigant unter den Planeten unseres
Sonnensystems. Die Erde würde mehr als tausendmal in ihn hinein
passen und er wiegt mehr als doppelt so viel wie alle anderen
Planeten zusammen. Kein anderer Planet dreht sich so schnell um sich
selbst, sodass ein Jupitertag nur knapp 10 Stunden dauert.

Aufgrund seiner Größe ist der Jupiter eines der hellsten Objekte am
Nachthimmel und mit einem einfachen Teleskop zu beobachten. Die
Erscheinung des Planeten weist eine farbige, bandförmige Struktur
auf. Diese Bänder, genannt Zonen (heller) und Gürtel (dunkler), sind
Strahlströme, welche Wolken mit einer Geschwindigkeit von bis zu 500
km/h um die Kugel transportieren. Strahlströme, oder auch Jets, sind
Starkwindbänder mit hohen Geschwindigkeiten. Anders als die
Strahlströme auf der Erde, welche durch Tröge und Rücken in der
mittleren Atmosphäre nach Nord und Süd abgelenkt werden, verlaufen
die Jets auf dem Jupiter zonal, sprich in Ost-West-Richtung.

Innerhalb oder zwischen diesen starken Windbändern liegen
kontinentgroße Wirbelstürme. Der bekannteste hiervon ist der ?Große
Rote Fleck? auf der südlichen Halbkugel. Er stellt ein
Tiefdrucksystem dar, das größer als die Erde ist und
Windgeschwindigkeiten aufweist, wie sie sonst in unserem Sonnensystem
nicht zu finden sind. Man nimmt an, dass die Spitzenwerte bei bis zu
700 km/h liegen können, also mehr als doppelt so hoch wie bei einem
ausgeprägten Hurrikan über Nordamerika.
Die Farbe des Großen Roten Flecks ist, ebenso wie die der
Strahlströme, nicht immer die gleiche. Die Veränderungen führt man
auf das Auftreten verschiedener Gase in den höchsten Regionen des 350
km hohen Wirbelsturms zurück. Durch die dynamische Atmosphäre vom
Jupiter ändert sich die Zusammensetzung der Gase und damit die
farbliche Erscheinung. Angetrieben wird der Große Rote Fleck wohl
durch den Temperaturunterschied zwischen den warmen aufsteigenden
Gasen im Zentrum und den absinkenden kalten Gas am Rand.

Eine weitere Besonderheit, die immer noch Rätsel aufgibt, ist die
Langlebigkeit dieses Wirbelsturms. Während sich auf der Erde eine
ausgeprägte Zyklone innerhalb einiger Tage bis Wochen auflöst,
besteht der Große Rote Fleck möglicherweise bereits seit über 300
Jahren. Er entstand also schon vor der Französischen Revolution und
der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika. Diese lange Dauer
wird darauf zurückgeführt, dass der Wirbelsturm sich nicht über einer
festen Oberfläche befindet, welche ihn durch Reibung abbremsen
könnte, wie einen Hurrikan, wenn er vom Ozean auf Land trifft.

Allerdings besteht auch dieses Tiefdrucksystem nicht ewig. In den
letzten Jahren wurde bereits ein deutlicher Rückgang bei der
Ausdehnung beobachtet und es ist durchaus möglich, dass es bis zum
Ende dieses Jahrhunderts bereits verschwunden ist. Ganz verzichten
auf riesige Tiefdrucksysteme müsste man dann jedoch nicht. Mit dem
?Kleinen Roten Fleck?, welcher zu Beginn des Jahrtausends durch den
Zusammenschluss mehrerer kleinerer Wirbelstürme entstand, ist ein
Nachfolger bereits in den Startlöchern.

Meteorologe Cornelius Weiß (Praktikant)
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.04.2018

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