Thema des Tages

31-05-2016 14:40

Es liegt Spannung in der Luft

Früher schrieb man Blitz und Donner dem Zorn der Götter zu, heute
werden die Gründe für das Naturschauspiel in der Physik gesucht und
gefunden: Zunächst einmal muss sich eine Gewitterwolke (Cumulonimbus)
bilden, in der starke Aufwinde kleine Eisteilchen nach ganz oben
tragen. Wenn diese auf ihrem Weg mit großen, nicht gefrorenen
Wassertröpfchen zusammenstoßen, findet eine Trennung der elektrischen
Ladung statt: Die schwereren Wassertröpfchen sind anschließend
negativ geladen, die kleinen und leichteren Eisteilchen positiv.
Dadurch befindet sich in der Gewitterwolke positive Ladung im oberen
Teil, während die untere Hälfte negativ geladen ist - ähnlich wie bei
einer Batterie (siehe Grafik A). Die durch diese Ladungstrennung
verursachten Spannungen innerhalb der Wolke können mehrere Millionen
Volt betragen - Donnerwetter!

Da die Natur stets versucht, ein Gleichgewicht herzustellen, muss
dieser Ladungsunterschied ausgeglichen werden: Dies geschieht durch
die Blitze. Es gibt Blitze innerhalb der Wolke, zwischen den Wolken
und Blitze zwischen Wolke und Boden. Letztere beginnen mit einem
sogenannten "Leitblitz", der sich mit starken Verästelungen von Wolke
Richtung Erde ausbreitet (Bild B). Nähert sich dieser negativ
geladene Leitblitz dem positiv geladenen Erdboden, so steigt an den
Spitzen von exponierten Objekten (z.B. von Kirchtürmen oder Bäumen)
die positive Ladung, bis ein bestimmter Wert überschritten wird. Dann
starten von den Spitzen dieser Objekte Fangentladungen, die dem
Leitblitz entgegenwachsen (Bild C).

Wo nun der Blitz am Boden einschlägt, hängt von der Fangentladung ab,
die als erstes mit dem Leitblitz zusammentrifft. Erst nach diesem
Zusammentreffen beginnt die Hauptentladung, die wir optisch als Blitz
wahrnehmen. Diese startet übrigens am Einschlagspunkt und pflanzt
sich Richtung Wolke fort, also von unten nach oben, was vielen nicht
bewusst ist, weil alles rasend schnell geht (Bild D). So wird
negative Ladung Richtung Boden geführt und der Ladungsunterschied
ausgeglichen.

Und wie entsteht der Donner, der viele Menschen zusammenzucken und
erschrecken lässt? Das ist etwas schneller erklärt, als die
Entstehung eines Blitzes: Der Blitz erwärmt seine umgebende Luft auf
bis zu 30.000 °C, wodurch sie sich blitzartig ausdehnt. Sie
überschreitet sogar die Schallgeschwindigkeit und durchbricht mit
einem Knall die sogenannte Schallmauer - es donnert! Blitz und Donner
finden also quasi zur selben Zeit statt. Das Licht des Blitzes bewegt
sich aber rasant mit Lichtgeschwindigkeit (300.000 Kilometer pro
Sekunde), während der Klang des Donners sich deutlich "langsamer",
nämlich mit Schallgeschwindigkeit (ca. 340 Meter pro Sekunde)
fortbewegt. Deshalb sieht man den Blitz meist viel eher, als dass man
den Donner hört.

Wenn man die Sekunden zwischen Blitz und Donner zählt und diese durch
drei teilt, erhält man eine ungefähre Kilometerangabe, wie weit das
Gewitter noch weg ist. Beträgt der Abstand beispielsweise drei
Sekunden, ist das Gewitter ca. einen Kilometer entfernt.

Nach dem turbulenten vergangenen Gewitterwochenende in weiten Teilen
Deutschlands werden am heutigen Dienstag hauptsächlich im Nordosten,
in den nächsten Tagen wieder verbreiteter, viele Blitze am Himmel zu
sehen sein. Es bleibt zu hoffen, dass sie und die begleitenden
Starkregenfälle keine allzu großen Schäden mehr anrichten werden...

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 31.05.2016

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