Thema des Tages

23-05-2018 08:50

Luftelektrizität und Gewitter

In der Atmosphäre entstehen durch radioaktive Strahlung der Erde,
kosmische Strahlung aber auch durch Luftbewegungen positiv und
negativ geladene Ionen, die sich nur teilweise durch ?Rekombination?
wieder zu elektrisch neutralen Atomen bzw. Molekülen vereinigen.
Vielmehr bildet sich ein Gleichgewicht zwischen Erzeugung,
Rekombination und Abwanderung elektrischer Ladungen.

Bei ruhender, ungestörter Atmosphäre gelangen positiv geladene Ionen
in eine elektrisch gut leitende Schicht in ca. 70 km Höhe, während
sich die Erdoberfläche negativ auflädt. In Bodennähe kann die
elektrische Feldstärke bis 100 Volt pro Meter (V/m) betragen. An
höheren Objekten, etwa Gebäuden oder Bäumen, steigt sie stark an, da
dort die ?Äquipotentialflächen? des elektrischen Feldes erheblich
deformiert werden.

Wird bei gewittrigen Wetterlagen, bei denen in der Atmosphäre
elektrische Feldstärken von 100000 V/m herrschen, die
Potentialänderung auf kleinem Raume zu stark, können an aufragenden
Spitzen, z.B. an Schiffsmasten oder Kirchtürmen, Büschelentladungen
auftreten. Diese seltenen Phänomene sind als ?Elmsfeuer? bekannt,
dann besteht unmittelbare Blitzgefahr und höchste Bedrohung für Leib
und Leben.

Bei Gewittern werden in Cumulonimbuswolken durch starke vertikale
Luftbewegungen große Mengen von Wassertröpfchen in beträchtliche
Höhen (bis über 10 km) befördert. Dabei entstehen durch
?Ladungstrennung? elektrische Spannungen von bis zu einer Milliarde
Volt. Die Spannungen entladen sich zwischen verschiedenen
Wolkenteilen als "Wolkenblitze", mit Gesamtlängen von bis zu 100 km,
oder als "Erdblitze" zwischen Wolke und Erdoberfläche; in letzterem
Fall bevorzugt zu exponierten und aufragenden Gegenständen.

Generell erfolgt die Blitzentladung in ruckartigen Schüben durch
Stoßionisation längs eines sog. Blitzkanals, es sind mehrere (bis
etwa 40) Entladungen im selben Blitzkanal möglich. Die elektrische
Stromstärke eines Blitzes kann 200000 Ampere erreichen, jedoch ist
die Andauer der Hauptentladung mit 1 Mikrosekunde bis 1 Millisekunde
so gering, dass die mittlere elektrische Ladungsmenge nur etwa 20
Amperesekunden beträgt. Dementsprechend klein ist auch der
Energieinhalt von Blitzen.

Die Anzahl der Gewitter auf der Erde schätzt man auf ca. 2000 pro
Stunde (mit etwa 100 Blitzen pro Sekunde), die meisten davon in den
Tropen, wobei das Kongobecken die gewitterreichste Region der Erde
ist. In Deutschland ist im langjährigen Mittel der Juli der
gewitterreichste Monat mit einer relativen Häufigkeit von über 40 %.


Dipl.-Met. Thomas Ruppert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 23.05.2018

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