Thema des Tages

01-06-2018 08:20

"Gewittersumpf" - eine feucht-warme Wetterwoche

Zurzeit befinden sich weite Teile Deutschlands in einem regelrechten
"Gewittersumpf". Gefühlt vergeht kaum ein Tag, an dem man in den
Medien nicht von Gewittern mit sintflutartigen Regenfällen hört, die
Sturzfluten, Überschwemmungen oder "weiße" Landschaften durch
Hagelansammlungen hinterließen.



Grund für diese andauernde Unwettersituation ist die aktuell sehr
eingefahrene Wetterlage, die uns bereits seit etwa drei Wochen mit
kurzen Unterbrechungen begleitet. Dabei fungiert ein sich immer
wieder regenerierendes Hochdruckgebiet über Nordeuropa als
regelrechtes Bollwerk gegen die zurzeit nur schwachen atlantischen
Tiefs. Somit haben diese keine Chance, nach Mitteleuropa
vorzudringen. Anstelle dessen herrschen über Mitteleuropa nur sehr
geringe Luftdruckgegensätze, ohne nennenswerte Frontensysteme, die
einen Luftmassenwechsel einleiten könnten. Diese Woche erreichte
diese Wetterlage ihren Höhepunkt. An der Vorderseite eines schwach
ausgeprägten Höhentiefs über Westeuropa konnte ab dem vergangenen
Wochenende immer wärmere und feuchtere Luft nach Deutschland
einfließen, sodass die Luftmasse bereits einen hochsommerlichen
Charakter annahm.



Jeden Tag dasselbe Spiel: Vormittags erwärmt sich die feuchte Luft,
bis sich ab dem Mittag Quellbewölkung ausbildet. Am Nachmittag
entladen sich schließlich zuerst über dem Bergland, später auch im
Flachland unwetterartige Gewitter. Da keinerlei Frontensysteme ihre
Finger mit im Spiel haben, "poppen" die Gewitter mehr oder weniger
zufällig verteilt auf. Durch die langsame Zuggeschwindigkeit der
Gewitter lassen sich die lokal extremen Regenmengen erklären, während
viele Menschen (der Autor eingeschlossen) noch von schweren Gewittern
verschont blieben. Lediglich schwache bodennahe rinnenförmige
Tiefdruckzonen, in denen die feuchten Luftmassen zusammenströmen,
geben den Meteorologen im Voraus den Hinweis auf Gebiete mit der
höchsten Gewittergefahr.



Die verheerenden Platzregen samt ihrer Auswirkungen zeigen
eindrucksvoll, wie viel Wasser derzeit in der Luft enthalten ist.
Aber auch außerhalb von Gewittern kam und kommt man bei Tätigkeiten
im Freien schnell ins Schwitzen. Den Feuchtegehalt der Luft in der
bodennahen Atmosphäre, in der wir uns täglich aufhalten, kann man gut
mit der sogenannten Taupunktstemperatur (kurz Taupunkt) beschreiben.
Aber warum verwendet man als Feuchtemaß eine Temperaturangabe? Je
wärmer die Luft wird, desto mehr Feuchtigkeit kann sie aufnehmen. Der
Taupunkt ist nun die Temperatur, bei der die Luft mit Wasserdampf
gesättigt ist, also die relative Luftfeuchtigkeit 100% beträgt.


Den Taupunkt können Sie auch ganz einfach selbst messen. Dazu stellen
Sie eine Bierflasche (oder ein anderes Kaltgetränk) in den
Kühlschrank und nehmen es während des Abkühlens immer wieder heraus.
Die Temperatur, bei der die Flasche zu beschlagen beginnt, ist der
Taupunkt. Der überschüssige Wasserdampf der Luft um die Flasche
kondensiert und schlägt sich als Tau an der Glasoberfläche nieder,
woher der Name Taupunkt stammt. Nach erfolgreicher Messung können Sie
anschließend gerne Ihr Erfrischungsgetränk verköstigen.



In der unten angefügten Abbildung erkennt man in einem Streifen von
Nordrhein-Westfalen über Hessen bis nach Franken hohe Taupunkte
zwischen 17 und 21°C. Das empfindet der Mensch als schwül. Ein
Kubikmeter Luft enthält dann etwa 15 bis 20 Gramm Wasserdampf. In
diesem Korridor entwickelten sich am vergangenen Dienstag
erwartungsgemäß heftige Gewitter, die zum Beispiel Teile Wuppertals
unter Wasser setzten. Anders sieht es im Nordosten Deutschlands aus.
Dort lagen die Taupunkte nur bei 3 bis 9°C, was etwa 6 bis 9 Gramm
Wasserdampf pro Kubikmeter entspricht. Obwohl dort die Temperatur auf
heiße 30 bis 33 Grad anstieg, fühlte sie sich weniger schwül als in
den übrigen Gebieten an. Deshalb war es auch nicht überraschend, dass
es dort trocken blieb.



Auch heute bleibt uns die feucht-warme Gewitterluft mit hohen
Taupunkten erhalten. Vor allem in einem Streifen von Niedersachen
über die nördliche Mitte bis nach Brandenburg und Sachsen muss erneut
mit unwetterartigen Gewittern gerechnet werden. Weiter südlich ist
die Gewittergefahr geringer. Am morgigen Samstag bilden sich im
Norden und Osten nochmals heftige Gewitter, sonst sind nur noch
vereinzelt Gewitter zu erwarten. Am Sonntag legen die Gewitter
endlich einmal fast überall eine Pause ein, ein wirklicher
Luftmassenwechsel findet jedoch noch nicht statt.


Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 01.06.2018

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