Thema des Tages

13-06-2018 12:20

Zeit zum Durchatmen

Aktuell geht eine langandauernde, ausgesprochen ereignisreiche
Wetterlage zu Ende. Die letzten Tage und Wochen waren nämlich in
weiten Teilen Deutschlands (besonders betroffen waren der Süden und
die Mitte) durch eine relativ feuchte Luftmasse und teils
hochsommerliche Temperaturen bestimmt. Im Zusammenspiel mit schwachem
Tiefdruckeinfluss entwickelten sich daher im Tagesverlauf starke bis
schwere Gewitter (Unwetter), die in den Nächten nur langsam
abklangen. An der Mehrzahl der Tage ging dabei die größte Gefahr von
heftigem bzw. extrem heftigem Starkregen aus, der örtlich für enorme
Verwüstungen sorgte. Die Bilder von schwimmenden Autos,
Schlammlawinen und überfluteten Kellern waren fast täglich in den
Medien zu sehen. Einige Orte wurden sogar mehrmals hintereinander von
schweren Gewittern heimgesucht, sodass vereinzelt enorme Schäden an
der Infrastruktur entstanden.


Auch am gestrigen Dienstag gab es in den beiden südlichen
Bundesländern örtlich erneut sehr hohe Niederschlagsmengen. Viele
Wetterstationen meldeten Stundenwerte über 30 Liter pro Quadratmeter
(l/qm/h), teilweise wurden sogar mehr als 40 l/qm/h gemessen.
Spitzenreiter waren die bayerischen Stationen Vilgertshofen-Pflugdorf
mit 52 l/qm/h, Steinkirch-Hofstarring mit 46 l/qm/h und Wielenbach
mit 45 l/qm/h. Aus unseren Radarinterpretationsprodukten lässt sich
zudem ableiten, dass stellenweise mehr als 60 l/qm in kurzer Zeit
zusammengekommen sind. Am Abend und in der Nacht zum Mittwoch gingen
die Gewitter im Südosten zunehmend in länger anhaltenden Regen über.
An den Alpen ist daher auch am heutigen Mittwoch noch eine Warnung
vor Dauerregen aktiv.


Der Norden und die mittleren Landesteile bekamen von den gestrigen
Gewittern nichts mehr ab. Dort wurde die schwülwarme Subtropikluft
bereits am Montag sowie in der Nacht zum Dienstag durch kühlere und
auch etwas trockenere Nordseeluft ersetzt. Ein solcher
Luftmassenwechsel kann auch anhand der Bodenmessungen sehr gut
nachvollzogen werden. Besonders gut eignet sich zur Luftmassenanalyse
dabei die Zusammenschau von Lufttemperatur und der sogenannten
"Taupunkttemperatur" (kurz: Taupunkt).


Die Taupunkttemperatur gehört zu den Luftfeuchteparametern und
bezeichnet die Temperatur, auf die ein ungesättigtes Luftpaket bei
gleichbleibendem Druck abgekühlt werden muss, um Sättigung zu
erreichen. Der Taupunkt wird an den Wetterstationen des Deutschen
Wetterdienstes im Gegensatz zur Lufttemperatur nicht direkt gemessen,
sondern aus der Temperatur und der relativen Luftfeuchtigkeit mit
Hilfe empirischer Formeln berechnet. Ganz entscheidend ist der
Taupunkt für das menschliche Wohlbefinden: je höher der Taupunkt,
desto schwüler wird die Luft empfunden. Ab einem mittleren Taupunkt
von etwa 15 Grad beginnt im Normalfall das Schwitzen. Anhand der
Messdaten von Dienstagnachmittag kann die zu diesem Zeitpunkt noch
unterschiedliche Luftmassenverteilung sehr gut nachvollzogen werden:
Im Norden wurden als Taupunkttemperatur nicht mal 10 Grad erreicht,
im Süden und Südwesten musste dagegen bei 15 bis 18 Grad nochmal
ordentlich geschwitzt werden.


Am heutigen Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag wird aber die
feuchtwarme Luft allmählich auch im äußersten Südosten ausgeräumt.
Nutzen Sie daher die nun vorherrschende kühlere und deutlich
trockenere Luftmasse unbedingt zum Lüften der warmen Wohnungen! Etwas
durchatmen können natürlich auch wir Warnmeteorologen nach einer sehr
arbeitsreichen Zeit. Von Donnerstag bis Samstag werden nämlich kaum
Wettergefahren erwartet, erst zum Sonntag steigt das Gewitterrisiko
wieder deutlich an.

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.06.2018

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