Thema des Tages

22-07-2018 07:50

Außergewöhnliche Witterungsverhältnisse - Sommerwärme ohne
Hitzewellen

Gut die Hälfte des meteorologischen Sommers liegt hinter uns. Dieser,
aber auch die zweite Hälfte des Frühlings waren geprägt von sehr
beständigen beziehungsweise sich immer wieder regenerierenden
Blockinglagen. Dabei wird die in gemäßigten Breiten übliche
Westströmung unterbrochen. Anstelle dessen dominieren vom mittleren
Nordatlantik bis nach Skandinavien Hochdruckgebiete, die uns eine
bemerkenswerte Witterungsperiode bescheren. Kurze Unterbrechungen
dieser Wetterlage, blieben meist von kurzer Dauer. Durch diese
Konstellation konnten wir viel Sommerwärme genießen, sodass sich die
Menschen in diesem Jahr besonders häufig in Eisdielen, Schwimmbädern
und an Badeseen tummelten.


Leben wir nur gefühlt im Dauersommer oder geben das auch die
"nüchternen" Fakten her? Der Blick in die Statistik zeigt, dass auf
den wärmsten April seit Messbeginn gleich noch der Mairekord
gebrochen wurde. Darauf folgte ein ebenfalls sehr warmer Juni und in
den ersten beiden Julidritteln setzte sich die Sommerwärme fort.
Stellt man die gegenwärtigen Temperaturabweichungen (April bis Juni)
mit denen des unvergesslichen Rekordsommers 2003 (Juni bis August)
gegenüber, erkennt man erstaunlicherweise eine vergleichbare
Temperaturanomale (siehe Abbildung 1: detaillierte Abweichungen im
deutschen Flächenmittel in Zahlen sowie räumliche
Anomalieverteilung). Diese über Monate andauernde Anomalie haben wir
im täglichen Leben nur nicht so deutlich bemerkt, da sie anders als
2003 nicht auf die drei wärmsten Sommermonate des Jahres gefallen
ist.


Die Statistik bestätigt zudem das Gefühl, dass wir seit dem Frühjahr
mit vielen Sommertagen (Tageshöchsttemperaturen >=25°C) verwöhnt
wurden (siehe Themen vom 9. und 18. Juli). Auf den ersten Blick
verwunderlich, zeigt sich bei den heißen Tagen (Maxima >=30°C) ein
etwas anderes Bild. Bisher blieben wir in Deutschland von
unerträglichen Hitzewellen weitgehend verschont. Auch dies ist auf
die derzeitige Wetterlage zurückzuführen. Durch die Hochdruckgebiete
über dem Atlantik und Nordeuropa lagen wir bisher meist in einer
schwachen nordwestlichen bis (nord-)östlichen Strömung. Anstelle
einer subtropischen Luftmasse, die für eine ausgewachsene Hitzewelle
benötigt wird, gelangt aus diesen Richtungen eine gemäßigte Luftmasse
zu uns. Geringe Luftdruckgegensätze über Mitteleuropa verhinderten
zudem einen effizienten Luftmassenaustausch. Die Wärme wurde also
"vor Ort" produziert, indem die intensive Sonne die Luftmasse über
dem Festland kräftig erwärmte. Unter diesen Umständen schafft es die
Temperatur aber selten, deutlich über die 30-Grad-Marke zu steigen.


In Abbildung 2 werden für einige Städte die bisher registrierten
heißen Tage mit den vieljährigen Mittelwerten verschiedener
Referenzperioden (im gesamten Jahr!) verglichen. Zum einen erkennt
man, dass die durchschnittliche Anzahl von heißen Tagen zugenommen
hat (vergleiche Referenzperioden 1961-1990, 1971-2000 und 1981-2010).
Zum anderen sieht man aber auch, dass 2018 in Bezug auf die Anzahl
heißer Tage bis jetzt noch nicht außergewöhnlich ist, wenngleich noch
einige Sommerwochen vor uns liegen. In Erfurt gab es nur einen
einzigen heißen Tag, in München wurde bisher sogar noch gar nicht die
30-Grad-Marke geknackt. Nur regional haben wir das "Soll" bereits
überschritten. In Berlin und Frankfurt (a. M.) wurden beispielsweise
schon 11 bzw. 16 heiße Tage gemessen. Sowohl die bis heute
registrierte Anzahl an heißen Tagen als auch die Höchsttemperaturen
liegen weit von den Rekordwerten aus den Hitzesommern 1994, 2003 und
2015 entfernt. Dabei stieg die Temperatur in Berlin und Frankfurt
jeweils nur "gerade so" über 30 Grad (Spitzenwerte 31,8°C bzw. 32,3°C
am 28. Mai). Auch die bisherige Höchsttemperatur in Deutschland ist
mit 34,2°C (Lingen am Rhein am 29. Mai) recht unspektakulär.


In den nächsten Tagen ist es aber soweit! Uns steht erstmals eine
ausgewachsene Hitzewelle bevor. Aus Südwesten fließt warme Luft
subtropischen Ursprungs nach Deutschland, die durch die
Sonneneinstrahlung bei uns weiter erhitzt wird. Damit sind alle
Zutaten für große Hitze gegeben. Die Temperaturen gehen auf Höhenflug
und ab Wochenmitte erleben wir - fast pünktlich zu den Hundstagen -
die bisher heißesten Tage des Jahres. Bei Höchstwerten meist zwischen
30 und 35 Grad stehen uns die Schweißperlen auf der Stirn.
Schwimmbadbetreiber können sich wohl auf einen erneuten
Besucheransturm einstellen.


Dipl.-Met. Dr. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.07.2018

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