Thema des Tages

17-08-2018 07:50

Tödliche Hitze

"Diese Hitze macht mich fertig" hörte man in den letzten Wochen bei
Temperaturen jenseits der 30 Grad aus vielen Mündern. Während die
ersten Sonnenstrahlen im Frühling oft mit steigender guter Laune und
Glücksgefühlen einhergehen, kann brütende Sonne im Zusammenspiel mit
anhaltender Hitze ins Gegenteil umschlagen: Viele Menschen fühlen
sich erschöpft vom "Nichtstun", andere werden aggressiv (oft auch bei
Autofahrern erlebbar) und neigen mehr zu Gewalt.

Nun haben Wissenschaftler der Stanford University in Kalifornien
herausgefunden, dass einige Menschen die Gewalt auch gegen sich
selbst richten: Bei Menschen, die unter Depressionen leiden, erhöht
Hitze die Suizidrate. Für viele klingt das vielleicht etwas abwegig,
hat man doch erhöhte Selbstmordraten bisher eher mit kalten und
dunklen (Wetter-)bedingungen in Verbindung gebracht.

Klar ist: Depressionen und Suizidgedanken haben meist einen komplexen
Hintergrund. Unterschiedlichste Faktoren sind involviert, wobei sich
die Forscher von der Stanford University nun der Frage gewidmet
haben, welchen Einfluss der Klimawandel bei diesem Thema haben
könnte. Um die Rolle der Temperatur von anderen Faktoren zu trennen,
verglichen die Wissenschaftler Temperatur- und Suiziddaten von
Tausenden von US-Bezirken und mexikanischen Gemeinden aus mehreren
Jahrzehnten. Sie errechneten, dass die Temperaturerhöhung bis 2050
die Suizidrate in den USA um 1,4 Prozent und in Mexiko um 2,3 Prozent
erhöhen könnte. Konkret würde dies bis 2050 zusätzlichen 21.000
Suiziden in beiden Ländern entsprechen. Die Effekte des Klimawandels
sind damit ungefähr so groß wie der Einfluss von wirtschaftlicher
Rezession, erklärten die Forscher.

Um zusätzlich konkrete Hinweise zu bekommen, inwieweit Hitze das
mentale Wohlbefinden von Menschen beeinflusst, analysierte das Team
außerdem die Sprache in Millionen von Äußerungen auf der
Internetplattform Twitter. Im Zusammenhang mit Hitzewellen tauchen
dabei auffallend häufig Begriffe wie "einsam", "gefangen" oder
"Selbstmord" auf.

Abschließend betonen die Autoren, dass hohe Temperaturen jedoch nicht
der einzige und auch nicht der wichtigste Risikofaktor für Suizid
ist. Allerdings deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Erwärmung
einen überraschend großen Einfluss auf das Suizidrisiko haben kann.

Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 17.08.2018

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