Thema des Tages

20-09-2018 09:50

Herbstauflauf

27.1, 29.9, 33.1, 30.9 Grad, das sind die höchsten Temperaturen der
vergangenen vier Tage in Deutschland. Dazu gab es vielerorts
reichlich Sonnenschein. Bestes Badewetter also, auch wenn
mittlerweile schon viele Freibäder bzw. Badeseen ihre Pforten
geschlossen haben. Gäbe es nicht die derzeit rasant kürzer werdenden
Tage - pro Tag nimmt die Tageslänge um drei bis vier Minuten ab -,
man könnte denken, wir befänden uns noch im Hochsommer. Damit ist es
jetzt allerdings vorbei!

Nun laufen nämlich Tiefdruckgebiete auf, die die Hochdruckgebiete
ablösen und die warme bzw. heiße Luft ausräumen. Stattdessen steht ab
Freitag polare Meeresluft auf der "Speisekarte". So werden aus den
Höchsttemperaturen um 30 Grad am Donnerstag Maximalwerte um 20 Grad
am Samstag. Magerkost also für alle Sommerfans.

Keine Magerkost ist hingegen der Wind, den ein erstes Sturmtief
namens "Elena" am morgigen Freitag bringt. Vor allem im Bereich der
auf Deutschland tagsüber von Nordwesten übergreifenden und über das
gesamte Bundesgebiet hinwegziehenden Kaltfront sind zumindest
kurzzeitig bei Schauern Sturmböen um 85 km/h (Bft 9) zu erwarten, in
kräftigen Schauern oder vereinzelten Gewittern insbesondere nach
Norden hin örtlich auch schwere Sturmböen um 95 km/h (Bft 10). Auf
der Rückseite der Front beruhigt sich das Wetter vorübergehend, im
Nordwesten kommen aber bald neue Schauer auf, die wieder stürmische
Böen um 70 km/h (Bft 8), an der Nordsee sogar orkanartige Böen um 110
km/h (Bft 11) bringen.

Während am Samstag schwacher Zwischenhocheinfluss vorherrscht, wird
uns am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag passend zum
kalendarischen Herbstanfang am 23.09.2018 um 3:54 Uhr MESZ der zweite
Gang des Herbstauflaufs präsentiert. Und der hat es möglicherweise
noch mehr in sich. Vom Seegebiet südwestlich der Britischen Inseln
macht sich ein weiteres Tief auf den Weg Richtung Mitteleuropa
respektive Deutschland. Dabei vertieft es sich, sodass der Wind immer
mehr zunimmt. Nach derzeitigem Stand überquert dieses Tief
wahrscheinlich die nördliche Mitte Deutschlands. Auf der Südflanke
ist daher mit schweren Sturmböen um 90 km/h (Bft 10) zu rechnen,
selbst orkanartige Böen um 105 km/h (Bft 11) oder exponiert auch
Orkanböen um 120 km/h (Bft 12) sind nicht auszuschließen.

Bei häufig noch stark belaubten Bäumen und zum Teil sehr trockenen
Böden ist zu befürchten, dass die Bäume oberhalb des Wurzelstocks
einfach abbrechen, ähnlich wie bei einem Streichholz. Bei diesem als
"Windbruch" bezeichneten Phänomen werden vor allem Fichten oder
Weiden gefährdet sein. Aber auch nur einzelne abknickende Äste,
insbesondere wenn sie noch mit Obst behangen sind, bergen großes
Schadens- und Gefahrenpotenzial.

Darüber hinaus sind auch die Regenmengen nicht zu verachten.
Flächendeckend kommen am Sonntag über Deutschland 5 bis 10 Liter pro
Quadratmeter (l/qm) in 12 Stunden zusammen. Der meiste Regen wird
jedoch an der Nordflanke des Tiefs fallen. Knapp nördlich des
Tiefzentrums werden 25 bis 40 l/qm, örtlich auch noch etwas mehr, von
den Computermodellen simuliert. Größere Wassermassen können nur
langsam in die trockenen Böden versickern, Überschwemmungen scheinen
daher vorprogrammiert. Durstig sein dürften aber die meisten Böden
hierzulande.

Einschränkend sei noch erwähnt, dass in der Wettermodellwelt noch
ziemliche Uneinigkeit bezüglich des zweiten Gangs am Sonntag und in
der Nacht zum Montag herrscht. Sowohl die Zugbahn als auch die
Intensität des Tiefs werden noch unterschiedlich berechnet (siehe
dazu die Vorhersagen der globalen Wettermodelle in der Grafik unter
dem Thema des Tages unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/9/20.html). Diese
sind jedoch entscheidend für die Wind- und Niederschlagsentwicklung,
vor allem hinsichtlich der regionalen Verteilung der
Wettererscheinungen.

Ob wir also das deftige Menü mit orkanartigen Böen und viel Regen
bekommen, oder aber nur Schonkost mit einem "lauen Lüftchen" und nur
einem "Tropfen auf den heißen Stein" in Sachen Trockenheit, ist aus
heutiger Sicht noch nicht zufriedenstellend zu beantworten.

Die Vorhersagen werden in den nächsten Tagen konkretisiert. Verfolgen
Sie die Wetterlage stets unter www.dwd.de oder in unserer
WarnWetter-App.

Dipl.-Met. Simon Trippler
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 20.09.2018

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