Thema des Tages

22-09-2018 09:20

Rückblick Sturmsaison 2017/2018


Auch wenn die Sturmsaison 2017/2018 nicht an die Sturmserien der 90er
Jahre heranreicht, so gehörte diese Saison doch zu den aktivsten der
vergangenen 50 Jahre.

13.09.2017 Sebastian

Mit dem Sturmtief Sebastian wurde die Saison am 13. September 2017
ungewöhnlich früh eröffnet. Sebastian traf besonders den Norden
Deutschlands. An der Nordseeküste wurden Orkanböen von fast 130 km/h
gemessen. Im Binnenland war der Sturm mit "nur" 70 bis 100 km/h
vergleichsweise schwach. Dennoch kam es durch die noch belaubten
Bäume zu schweren Schäden. Sogar drei Todesopfer waren zu beklagen.

05.10.2017 Xavier

Xavier war ein sehr schnell ziehender Sturm (ein sogenannter
Schnellläufer), der im Norden Deutschlands für erhebliche Schäden
sorgte. Aufgrund seiner Struktur gehörte Xavier zu den sogenannten
Shapiro-Keyser-Zyklonen. Bei einer Shapiro-Keyser Zyklone treten die
stärksten Böen nicht an der Kaltfront, sondern in einem
vergleichsweise kleinräumigen Bereich zwischen der Kaltfront und dem
Tiefzentrum knapp südwestlich des Tiefkerns auf. So war vom
Hauptsturmfeld nur ein vergleichsweiser schmaler Streifen von der
Nordsee über Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Nordsachsen und besonders
Brandenburg betroffen. Dort traten allerdings mit bis zu 124 km/h
Böen in voller Orkanstärke auf. Auch hier boten die noch teils
deutlich belaubten Bäume dem Wind große Angriffsfläche, wodurch es zu
erheblichem Windbruch kam. Allein in Deutschland gab es sieben
Todesopfer.

28./29. Oktober 2017 Herwart

Das Zentrum des Sturmtiefs Herwart zog über Skandinavien nach
Osteuropa. Die stärksten Böen traten rückseitig der Kaltfront im
Kaltsektor auf. Dort bildeten sich in höhenkalter Luft zahlreiche
Schauerlinien, in denen die starken Höhenwinde bis zum Boden
transportiert werden konnte. So traten in der gesamten Nordosthälfte
Deutschlands verbreitet Böen über 100 km/h, teils auch über 120 km/h
auf. Bei Herwart war eine deutlich größere Fläche betroffen als bei
Xavier. Herwart gilt somit als einer der schwersten Stürme der
vergangen 10 Jahre. Regional war er sogar schlimmer als Kyrill.
Ungewöhnlich war auch die Windrichtung. Auf der Tiefrückseite gab es
die stärksten Böen aus Nordwest. In Deutschland brachte Herwart zehn
Todesopfer. An Nord- und Ostsee kam es zu einer Sturmflut.

2./3. Januar 2018 Burglind

Nach Herwart blieb die Westwetterlage weiterhin aktiv, größere Stürme
blieben jedoch aus. Dies änderte sich am 3. Januar, als Sturmtief
Burglind mit ihrem Zentrum von der Nordsee über die Ostsee ins
Baltikum zog. An der aktiven Kaltfront bildete sich eine kräftige
Gewitterlinie, an der es in der Südwesthälfte verbreitet Böen über
100 km/h gab. Auf dem Feldberg im Schwarzwald wurden 217 km/h
gemessen. Probleme bereitete zudem kräftiger Regen, der zusammen mit
dem Tauwetter der Vortage zu Hochwasser an Neckar, Lahn und Mosel
führte.

18.01.2018 Friederike

Zum 11. Jahrestag von Kyrill fegte Frederike über die Mitte von
Deutschland hinweg. Friederike war ebenfalls eine
Shapiro-Keyser-Zyklone. Die stärksten Böen traten auch hier in einem
nur etwa 200 km breiten Streifen erst hinter der Kaltfront auf. Mit
verantwortlich dafür war ein sogenannter "Sting-Jet". Bei einem
Sting-Jet wird durch dynamische Prozesse der Jet-Stream (ein
Starkwindband in der mittleren und oberen Troposphäre) zwischen
Tiefkern und Kaltfront bis in untere Luftschichten "abgesenkt", was
im Gegensatz zu normalen Sturmtiefs auf relativ kleinem Raum zu
extremen Böen mit verheerenden Schäden führt. Dies geschieht immer an
der Südwestflanke eines solchen Tiefs hinter der Kaltfront. Dort wird
trockene Luft aus der Stratosphäre bis in tiefere
Atmosphärenschichten angezapft, wodurch sich das Wolkenband, das um
den Tiefkern gewickelt ist, zu einem "Stachel" verformt. Daher auch
die Bezeichnung "Sting-Jet", zu Deutsch "Stachel-Jet". Dieser
Sting-Jet konnte sich allerdings nicht völlig bis zum Boden
durchsetzen, sonst wären die Schäden verheerender gewesen. Mit
Windböen von über 130 km/h war Friederike in Mitteldeutschland der
stärkste Sturm seit Kyrill.

Wie die Sturmsaison 2018/2019 verlaufen wird, lässt sich nicht
vorhersagen. Die Eröffnung wird nach Elena mit dem ersten großen
Herbststurm namens Fabienne am Sonntagabend schon mal recht heftig.
Dann werden an der Kaltfront in der Südhälfte Böen von teils über 110
km/h erwartet. Fabienne gehört damit zwar nicht zu den stärksten
Stürmen der vergangenen 10 Jahre, dennoch wird die Situation vor
allem durch die noch belaubten Bäume in der Südhälfte Deutschlands
sehr gefährlich.



Dipl.-Met. Christian Herold
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.09.2018

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