Thema des Tages

04-10-2018 07:50

"Altweibersommer light" kontra "Goldener Oktober" light

Das Wetter in Deutschland wird nun zunehmend von Hoch "Ulf"
dominiert, das sich am heutigen Donnerstag über dem Süden des Landes
eingerichtet hat. Durch die absinkende Luft im Hoch lösen sich die
Wolken mehr und mehr auf und die Sonne kann teils ungestört scheinen.
Im Südwesten können die Temperaturen dabei am Nachmittag örtlich
wieder über die 20-Grad-Marke springen. Nur der Norden profitiert
zunächst kaum von "Ulf", da dieser im Übergangsbereich zwischen Ulf
und tiefem Luftdruck von Island bis nach Nordrussland in einer
westlichen Grundströmung liegt, sodass noch Wolken mit etwas Regen
die Küstenregionen überqueren.

Allerdings beharrt Hoch "Ulf" nicht an Ort und Stelle, sondern
wandert in den nächsten Tagen langsam nach Osten. Die positive Seite
daran ist, dass Deutschland nachfolgend auf dessen Westseite gelangt,
sodass milde bis sehr milde Luft von Süden nach Deutschland strömt.
Da diese auch die Frontalzone nordwärts drückt, kann sich ab dem
Freitagnachmittag auch der Norden über den "Goldenen Oktober" freuen.
Temperaturen zwischen 17 Grad an der Küste und 26 Grad im Südwesten
laden am Freitag und Samstag landesweit zu einem Herbstausflug ein.

Die negative Seite an der Verlagerung von "Ulf" ist, dass der
Hochdruckeinfluss allmählich schwindet und somit neuen Tiefausläufern
Raum zur Entfaltung gibt. Genau dies geschieht schließlich schon zum
Samstagnachmittag. Ein vor allem in höheren Luftschichten
ausgeprägtes Tief über der Schweiz schaufelt feuchte Luft über die
Alpen bis in die Mitte Deutschlands und sorgt bevorzugt im Südosten
bis Sonntag für Schauer und auch einzelne Gewitter. Zudem rückt von
Nordwesten und Westen eine Tiefdruckrinne heran, in die ein
Tiefausläufer eingebettet ist. Die dichten Wolken erreichen das Land
am Samstagabend und bringen in der Nacht zum Sonntag und Sonntag
neben starker Bewölkung gebietsweise auch etwas Regen.

Im Oktober wird freundliches und vielfach sonniges Wetter bei
angenehmen Temperaturen oftmals als "Goldener Oktober" bezeichnet.
Nach Definition beschreibt der "Goldene Oktober" eine
Schönwetterperiode, die häufig Mitte Oktober auftritt und auf einem
stabilen Hoch über Mittel- bzw. Osteuropa beruht. Typische Merkmale
für eine derartige Wetterlage sind meist große Temperaturunterschiede
zwischen Tag und Nacht. Während nachts teils dichter Nebel und lokal
Frost und Bodenfrost auftreten, können die Temperaturen tagsüber
durchaus Höchstwerte um bzw. über 20 Grad erreichen.
Den Namen erhielt die Schönwetterperiode durch die Laubfärbung der
Bäume. Durch den Sonnenschein auf die bunte Blätterpracht entfaltet
sich schließlich das "goldene Naturschauspiel". Das Wort "golden"
drückt dabei die vom Menschen empfundene Schönheit aus. Der Ausdruck
"Goldener Oktober" wurde in Deutschland bereits seit hunderten von
Jahren verwendet und blickt somit auf eine lange Tradition zurück.

Die anstehende kurze freundliche Wetterperiode kann allerdings auch
noch als "Altweibersommer" bezeichnet werden. Der Begriff
"Altweibersommer" geht auf das altdeutsche Wort "weiben" zurück, was
weben bedeutet und beschreibt beständige frühherbstliche
Hochdrucklagen über Mitteleuropa, die besonders häufig Mitte
September bis Anfang Oktober auftreten und mit sommerlichen
Temperaturwerten am Tag und kühlen Nächten (starke Taubildung, oft
Strahlungsnebel) einhergehen. Der Altweibersommer ist, wie die
Schafskälte, eine im mittleren Jahresgang der Lufttemperatur
ausgeprägte Singularität.

Da wir uns noch Anfang Oktober befinden und die Höchsttemperaturen am
Samstag regional wirklich noch sommerliche Werte erreichen spricht
viel für den Ausdruck "Altweibersommer". Der Bodenfrost und lokal
Luftfrost sowie die Tatsache, dass die 25 Grad nur ganz vereinzelt
überschritten und ansonsten meist um die 20 Grad erreicht werden,
bringt jedoch den "Goldenen Oktober" wieder zurück ins Spiel.
Grundsätzlich ist es aber egal, wie die anstehende Schönwetterperiode
bezeichnet wird. Bei viel Sonnenschein und angenehmen milden bis sehr
milden Temperaturen können die Akkus vor der meist dunklen Winterzeit
nochmals richtig aufgeladen werden. Da es sich aber zunächst nur um
ein paar Tage handelt, erscheint der "Altweibersommer" oder "Goldener
Oktober" zunächst nur als "Light-Version". Es fehlt das "beständige"
Hoch.

In Nordamerika werden die Naturphänomene des "Altweibersommers" bzw.
des "Goldenen Oktober" übrigens als "Indian Summer" bezeichnet. Er
beginnt meist an den Berghängen im Süden Kanadas, von dort verbreitet
er sich über die US-Staaten Neuenglands und hält sich bis in den
späten Oktober, manchmal auch in den November hinein. Der "Indian
Summer" definiert dabei nicht nur das Farbenspiel der Blätter, wie es
bei uns der Begriff "Goldener Oktober" beschreibt, sondern umfasst
zudem analog zum Ausdruck "Altweibersommer" eine warme herbstliche
Witterung. Dabei stellt sich eine typische Herbstwetterlage mit einem
ausgedehnten Hochdruckgebiet entlang der amerikanischen Ostküste ein.
Auf der Westflanke des Hochs strömt dabei Warmluft aus dem Süden und
Südwesten der Vereinigten Staaten nach Norden und sorgt für deutlich
ansteigende Temperaturen. Oftmals ist das Phänomen somit von einem
strahlend blauen Himmel begleitet. Die Wortherkunft von Indian Summer
ist ungeklärt.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.10.2018

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