Thema des Tages

10-10-2018 07:20

Föhn

Als Föhn wurde ursprünglich ein warmer, trockener, abwärts
gerichteter Wind auf der Alpennordseite bezeichnet. Besonders in der
kalten Jahreszeit sorgt er für eine deutlich höhere Temperatur.
Heutzutage wird die Bezeichnung Föhn verallgemeinernd für einen
trocken-warmen Fallwind auf der Leeseite von Gebirgen verwendet.

Schon vor Jahrzehnten beschäftigten sich Wissenschaftler mit der
Frage, wieso die Luft bei Föhn so warm ist. Man vermutete zunächst
das Heranführen warmer subtropischer Luftmassen als Ursache, z.B. aus
der Sahara. Dies konnte allerdings nicht erklären, warum es auch in
Grönland einen warmen Fallwind gibt. Saharaluft kann dort nahezu
ausgeschlossen werden. Der Wissenschaftler Julius Ferdinand von Hann
veröffentlichte Ende des 18. Jahrhunderts seine Theorie des
thermodynamischen Föhns. Es dauerte jedoch eine Weile und bedurfte
einiger Nachweise von Föhnereignissen außerhalb des Einzugsbereiches
von Sahara- oder Karibikluft, bis sich diese Theorie als klassische
Föhntheorie durchsetzte.

Die klassische Theorie oder auch thermodynamische Theorie, lässt sich
einfach erklären (siehe dazu die im Thema des Tages angefügte Grafik
unter:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/10/10.html). Luft
strömt gegen ein Gebirge, wird zum Aufsteigen gezwungen, kühlt sich
aufgrund der Abnahme der Temperatur mit der Höhe ab und kondensiert.
Es bilden sich Wolken und schließlich werden im Luv Regen- oder
Schneefälle ausgelöst, zum Teil nicht unerheblichen Ausmaßes. Am
Berggipfel angekommen, strömt die Luft nun unter stetiger Erwärmung
wieder ins Tal hinab und die Wolken lösen sich auf. Mit der
zusätzlichen Sonneneinstrahlung ist es im Lee deutlich wärmer als im
Luv.

Auch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts beschäftigten sich
diverse Wissenschaftler mit dem Föhn, vornehmlich im Alpenbereich.
Zwar konnte die klassische Theorie erklären, wie sich die Luft
erwärmte, aber wieso sich die wärmere Luft gegen die kältere Luft
leeseitig der Gebirge bis in die Täler durchsetzt, blieb ungeklärt.
Auch gab es inzwischen genügend Föhnbeispiele, die ohne Niederschlag
auf der Luvseite auskamen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden etliche
neue Theorien entwickelt, vom "Absaugen" der kalten Luft durch
nahende Tiefdruckgebiete über die Leewellentheorie, bei der die Luft
hinter dem Gebirge in vertikale Schwingung gerät, bis hin zur
hydraulischen Theorie. Letztere beschreibt am besten das von der
klassischen Föntheorie abweichende Verhalten und gilt bis heute. Sie
besagt, dass die gegen ein Gebirge strömende Luft aufgehalten wird
und sich im Luv wie in einem Becken sammelt. Oberhalb der liegen
gebliebenen Luft fließt weitere Luft, überströmt das Gebirge und
stürzt schließlich auf der Leeseite der Gebirge ins Tal. Vergleichbar
ist dies mit einem vollen Stausee, bei dem die obere Wasserschicht an
der Staumauer hinab fällt.

Ende des 19. Jahrhunderts rückte der Föhn erneut in den Fokus der
Wissenschaft, da die Bedeutung genauerer Prognosen immer weiter
zunahm. In mehreren Projekten konnten in den Alpen zahlreiche
Messungen durchgeführt werden, deren Ergebnisse zumindest für die
unteren Schichten die hydraulische Natur des Föhns belegen. Nach
aktuellem Wissensstand handelt es sich beim Föhn also um einen
dynamisch-thermodynamischen Prozess.


Dipl.-Met. Jacqueline Kernn
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 10.10.2018

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