Thema des Tages

13-10-2018 06:20

Wohin der Wind mich trägt

Am frühen Abend kurz vor Sonnenuntergang steigt der riesige Ballon
mit seinem vergleichsweise kleinen "Körbchen" samt sechs Mitfahrern
in die Lüfte. Mit jedem Brennerstoß gewinnt der Ballon an Höhe bis er
über der Grenzschicht in klarer Luft dahinschwebt und die dreckigen
Abgase der großen Städte unter sich lässt. Von der Fahrt ist nichts
zu spüren. Kein Laut ist dort oben zu hören. Die Menschen sind so
klein wie Spielzeugfiguren. In der Ferne ist der Stau auf einer nahen
Autobahn zu sehen. Wir schweben dem Alltag davon, frei wie ein Vogel.
Allein der Wind legt fest, wohin wir treiben. Es war unser vierter
Anlauf, diese Ballonfahrt überhaupt durchzuführen, denn kaum ein
anderes Luftfahrterlebnis ist so wetterabhängig wie das mit einem
Heißluftballon.

Ballonfahren ist grundsätzlich das gesamte Jahr über möglich, im
Winter sogar den ganzen Tag über. Im Sommer werden Ballonfahrten
jedoch nur morgens und abends angeboten. Warum? Weil die
Sonneneinstrahlung im Sommer so stark ist, dass tagsüber Thermik
einsetzt (siehe Thema des Tages vom 09.09.2018). Die dabei
entstehenden Turbulenzen kann der Pilot nicht ausgleichen und so wäre
eine Ballonfahrt zu gefährlich. Auch bei zu starkem Bodenwind kann
ein Ballon weder starten, noch landen.

Um den Heißluftballon in die Luft zu bekommen, wird mit einem
Ventilator zunächst Luft in den am Boden liegenden Ballon geblasen.
Hat sich die gesamte Hülle entfaltet, wird die Luft im Inneren mit
dem Brenner erhitzt und wenige Minuten später richtet sich der Ballon
allmählich auf. Während dieses Prozesses darf der Wind nicht mehr als
etwa 10 Knoten (18 km/h, Bft 3) betragen, auch böig darf es nicht
sein. Ebenso wäre es von Vorteil, wenn der Wind nicht ständig dreht
und somit seine Richtung ändert. Der Ballon bietet eine riesige
Angriffsfläche für den Wind. Wenn er sich aufgrund böigen und dabei
drehenden Windes ständig in eine andere Richtung bewegt, ist es
unglaublich schwer, die Luft im Inneren der Hülle zu erhitzen, damit
sich der Ballon aufrichtet. Bei der Landung müssen ähnliche
Voraussetzungen gelten, denn nun muss der Ballon aus der Senkrechten
wieder in die Waagerechte gebracht und eingepackt werden. Dazu muss
die Luft aus der Ballonhülle zunächst durch ein Ventil am oberen Ende
des Ballons entweichen. Dieser sinkt dann zu Boden und dort wird der
Rest der Luft letztlich mit vereinter Mannes- und Frauenkraft
herausgedrückt. Die Landung selbst kann bei zu viel oder zu böigem
Wind auch mal holprig mit mehreren Aufsetzern oder mit einem
umkippenden Korb verlaufen. Denn, der Ballon ist träge, wird also mit
dem Wind weitergetrieben und stoppt nicht einfach am Ort der Landung.
Um das zu vermeiden, sollte am Boden ein nur schwacher Wind wehen,
sonst bewegt sich der Ballon mit der Windgeschwindigkeit, mit der
sich eben noch fortbewegt wurde, weiter, während der Korb bereits den
Boden berührt.

Bei Gewittern, nahenden Fronten oder Niederschlag wird auch kein
Ballon aufsteigen. Gewitter stellen ohnehin eine Gefahr dar. Der
Wolkenaufzug im Zuge einer Front ist mit zunehmend schlechten
Lichtverhältnissen verbunden. Zudem droht Niederschlag einzusetzen.
Den Ballon nach einem Regenguss einfach zum Trocknen auf die Leine zu
hängen, ist auch noch niemandem geglückt. Zudem geht Niederschlag
meist mit schlechten Sichten einher und diese sind tatsächlich
ausschlaggebend bei der Entscheidung, ob ein Ballon fahren kann oder
besser am Boden bleiben sollte. Jedes Luftfahrzeug muss nämlich eine
Sicherheitsmindesthöhe einhalten, so auch ein Heißluftballon. Hängen
die Wolken tiefer als jene Höhe (1500 Fuß), darf nicht gefahren
werden. Dass bei Nebel nicht gestartet wird, ist selbsterklärend,
schließlich muss der Pilot den Boden immer sehen können. Die Landung
könnte sonst sehr hart werden. Außerdem wollen die zahlenden
Passagiere ja auch etwas von diesem schönen Erlebnis haben und nicht
durch trübe Nebelsuppe dahingleiten.

Jetzt möchte einer meinen, im vergangenen Sommer ist jeden Tag ein
Heißluftballon gestartet. Durchaus war der Sommer 2018 ein guter
Ballonsommer für manches Unternehmen. Jedoch war der vergangene
Sommer auch häufig sehr heiß. Bei zu hohen Temperaturen macht eine
Ballonfahrt auch keinen Spaß mehr. Selbst wenn die Temperatur mit
zunehmender Höhe abnimmt, ist ab 30 Grad kaum mehr an eine
Ballonfahrt zu denken. Erstens sinkt die Tragkraft stark. Also jene
Fähigkeit des Ballons, den Korb samt Passagieren zu halten bzw. mit
Korb und Passagieren aufzusteigen. Das heißt, je heißer es ist, desto
geringer ist die Tragfähigkeit, sodass unter Umständen ab einer
bestimmten Höhe kein Steigen mehr möglich ist. Zweitens wird es unter
dem Brenner so heiß, dass unangenehme gefühlte Temperaturen im Korb
in Kopfhöhe der Passagiere entstehen.

Viele Wetterelemente beeinflussen die Entscheidung der Ballonfahrer,
ob ihr Heißluftballon in die Höhe steigen kann oder nicht. Die
Sicherheit aller sollte dabei aber immer im Vordergrund stehen. Auch
wenn es manchmal schwer ist, einen Termin zu finden, ist es ein
fantastisches Erlebnis und nur zu empfehlen. Sollten Sie mit dem
Gedanken spielen, mal solch eine Fahrt zu machen, nur zu! Lassen Sie
sich von den Wetterbedingungen, die für eine sichere Ballonfahrt
herrschen müssen, nicht abschrecken! Denken Sie vielmehr an die alte
Ballonfahrerweisheit: Lieber am Boden stehen und wünschen man wäre
oben als in der Luft zu sein und man wünschte, man stünde am Boden!

Dipl.-Met. Julia Fruntke
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 13.10.2018

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