Thema des Tages

22-10-2018 11:50

Viel Sonne, aber keine Sicht


Landläufig wird Hochdruckeinfluss mit "schönem" Wetter, also in
erster Linie viel Sonnenschein verbunden. Das ist insbesondere im
Sommer auch der Fall. Im Winter sowie in den Übergangsjahreszeiten,
besonders aber im Herbst kann das nicht so verallgemeinert werden.

Im Bereich von Hochdruckgebieten herrschen meist schwache
Luftdruckgegensätze und damit kaum Luftbewegungen. Außerdem kühlt die
untere Atmosphäre in den langen Herbst- und Winternächten unter
wolkenlosen Verhältnissen stark aus. Es entsteht dann auch aufgrund
der schwachen Winde und der damit fehlenden Durchmischung der unteren
Luftschichten eine Inversion: im Normalfall nimmt die Temperatur mit
zunehmender Höhe ab. Bei einer Inversion ist es am Boden kälter als
in den darüber liegenden Luftschichten, die Temperatur nimmt also vom
Boden her zunächst mit der Höhe zu. Erst oberhalb der Inversionshöhe
geht dann die Temperatur zurück. Solch eine Inversionsschicht kann
recht flach sein oder aber einige hundert Höhenmeter umfassen. Sie
stellt eine Art Sperrschicht dar, die die Durchmischung der unteren
Luftschichten mit den über der Inversion liegenden unterbindet. Somit
können sich unterhalb der Inversion neben Feuchte auch Staubpartikel
und andere feste oder flüssige Schwebepartikel (Aerosole)
"ansammeln". Dadurch kommt es zu einer Eintrübung der unteren
Luftschichten, da die Vielzahl an Aerosolen auch je nach
Feuchtegehalt der Luft in Verbindung mit Wassertröpfchen viel mehr
Sonnenlicht streuen als unter trockenen bzw. "sauberen" Verhältnissen
und so ein sichtbarer Schleier zu Stande kommt. Verschlechterte
Sichtverhältnisse sind die Folge. Bei Sichtweiten zwischen 8 und 1 km
spricht man dann von Dunst.

Aber: Dunst ist nicht gleich Dunst! Es wird zwischen trockenem und
feuchtem Dunst unterschieden. Beiden gemein ist, wie erwähnt, eine
Sichtweite im Bereich von 8 bis 1 km, unterschieden wird jedoch
anhand der in Bodennähe herrschenden Luftfeuchte. Liegt die relative
Luftfeuchte unter 80 %, handelt es sich um trockenen, über 80 % um
feuchten Dunst. Während Nebel bei Sichtweiten unter 1 km besonders
für den Straßenverkehr relevant ist (siehe Thema des Tages vom
01.10.2018), kann sich Dunst vor allem in der "Fliegerei unter
Sichtflugbedingungen" (VFR - Visual Flight Rules) bereits sehr
störend bemerkbar machen. Denn beim Fliegen unter
Sichtflugbedingungen ist es essenziell, sich anhand von Ortschaften,
Straßenführungen oder Landmarken orientieren zu können und danach zu
navigieren, auch wenn die GPS-gestützte Navigation mehr und mehr
genutzt wird. Dunst kann die Orientierung stark reduzieren oder
nahezu unmöglich machen, da die Schrägsicht, also die Sicht vom
(Klein-) Flugzeug zum Erdboden, meist sogar noch schlechter ist als
die Horizontalsicht, die am Boden herrscht. Hoher Luftdruck am Boden
ist also nicht unbedingt gleichzusetzen mit gutem Flugwetter. Gerade
im Herbst können nicht selten Nebel und eben auch Dunst einen Flugtag
zunichte machen.

Dipl.-Met. Sabine Krüger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.10.2018

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