Thema des Tages

24-10-2018 07:50

Die nebligsten Orte der Welt oder: Jammern auf hohem Niveau

Herbstzeit ist Nebelzeit in Deutschland. Gerade dann, wenn die
Wetterkarten Hochdruck und schwachen Wind verkünden, bleibt der
Sonnenschein in vielen Regionen rar oder bleibt ganz aus. Kein
goldener Herbst, bei dem das warme Licht der tiefstehenden Sonne die
Wälder golden färbt, sondern dichte Nebelschleier, die alles und
jeden umhüllen und fad-grau erscheinen lassen. Ja, das kann durchaus
auf die Stimmung schlagen. Dass wir dahingehend aber eher auf hohem
Niveau jammern, soll das heutige Thema des Tages darlegen. Wir gehen
auf die Reise zu den nebligsten Orten der Welt.

Schauen wir aber zunächst mal vor die eigene Haustür. In erster
Näherung nimmt die Nebelhäufigkeit von Nord nach Süd und von West
nach Ost zu. Bemerkenswert ist eine relative Nebelarmut am
Niederrhein und im Münsterland bis zur Schwelle des Teutoburger
Waldes, was in der "Leelage" bei südlichen und östlichen Strömungen
begründet ist. Richtung Ostdeutschland nimmt die Nebelhäufigkeit
besonders in den Geestgebieten in der Nähe von Feuchtgebieten zu, mit
einem Maximum in der Altmark. Im Bereich der Mittelgebirge werden
Mulden- und Tallagen, wo sich Kaltluft und Feuchtigkeit sammeln und
lange halten können, vom Nebel bevorzugt, während größere Erhebungen
oft aus den kalten "Nebelmeeren" herausragen. Im Süden nimmt die
Nebelneigung von West nach Ost deutlich zu, sodass z. B. am südlichen
Oberrhein weitaus seltener Nebel auftritt als im Donautal und rund um
den Bodensee, wo Maxima der Häufigkeit zu verzeichnen sind. Zu den
Alpen wird Nebel - mal von den Flussniederrungen abgesehen, wieder
weniger häufig. Die durchschnittliche Anzahl der Nebeltage, also
Tage, an denen die horizontale Sichtweise unter 1 km sinkt, beträgt
am verhältnismäßig nebelarmen Niederrhein in Düsseldorf nur rund 40
Tage, in Frankfurt und Nürnberg immerhin schon 50 bis 60 Tage, in Bad
Hersfeld nahe der Fulda und in Regensburg an der Donau über 70 Tage.

70 Tage Nebel? Das bedeutet immer noch knapp 300 Tage ohne Nebel.
Über diese Anzahl an nebelfreien Tagen wäre man anderswo sicher sehr
froh. So beispielsweise auf der Neufundlandbank, einer Gruppe von
Unterwasserplateaus vor Neufundland. Die "Grand Banks" sind der
mutmaßlich nebligste Ort der Welt. Das Aufeinandertreffen von kalten
und warmen Meeresströmen, dem Labrador- und dem Golfstrom, und die
dadurch forcierte Mischung von feucht-warmen und feucht-kalten
Luftmassen begünstigt die Nebelbildung so sehr, dass quasi an jedem
Tag Nebel auftritt.

Ähnlich sieht es in der Atacama-Wüste in Südamerika aus. Nebel in
einer Wüste? Ja, durchaus! Obwohl die Atacama bezogen auf die
Niederschlagsmengen zu den trockensten Orten auf der Erde gehört,
wird quasi tagtäglich Nebel, der über dem vom Humboldtstrom gekühlten
Wasser des Pazifiks entsteht, durch den Seewind weit ins Inland
"geblasen". Diese Nebelschwaden sind so charakteristisch für die
Region, dass sie einen eigenen Namen bekommen haben: "Camanchaca".

Sie haben ein Foto von der Golden-Gate-Bridge ohne Nebel? Herzlichen
Glückwunsch! An den meisten anderen Tagen ziehen nämlich flache
Nebelfelder vom Pazifik in die Bucht von San Francisco und umhüllen
auch die bekannte Hängebrücke. Ausgerechnet in den Sommermonaten ist
die Kombination aus Temperatur und Feuchte oft sehr begünstigend für
Nebel in der Metropolregion San Francisco.

Mit immerhin durchschnittlich 125 Nebeltagen wartet die eigentlich
bei Touristen äußerst beliebte neuseeländische Großstadt Hamilton
auf. Im Gegensatz zur "Nebelhochburg Atacama" herrscht dort
allerdings von Natur aus ein durchweg feuchtes Meeresklima mit hohen
Niederschlagsmengen. Nass-kalte und sehr neblige Wintermorgen sind
typisch für die Region, wenngleich sich dieser Nebel mittags oft
auflöst und sonnigen und angenehmen Bedingungen weicht.

Bei uns in Europa sind derweil an erster und zweiter Stelle die
norditalienische Po-Ebene und das Schweizer Mittelland zu nennen. In
beiden Regionen sorgt oft fehlender oder schwach ausgeprägter
Luftmassenaustausch dafür, dass sich flache Kaltluftseen und dadurch
scharfe und stabile Inversionen ausbilden können - das sind Bereiche,
wo die Lufttemperatur über einen bestimmten Bereich in der Atmosphäre
mit der Höhe zunimmt. An ihr breiten sich gerne Hochnebelfelder aus.


Sie sehen, es gibt Orte, an denen es weitaus häufiger neblig-trüb ist
als in Deutschland. Vielleicht hilft Ihnen die Auflistung der
nebligsten Orte der Welt ja ein Stück weit über die nächste,
ausgeprägte Nebelsituation hinweg - frei nach dem Motto: "Es könnte
schlimmer sein!"

Dipl.-Met. Adrian Leyser
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.10.2018

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