Thema des Tages

28-11-2018 09:20

Wie wird Niederschlag beim DWD gemessen und wo fällt am meisten?

Wie im Thema des Tages vom 08. November 2018 nachzulesen ist, müssen
zur Regenbildung zunächst erwärmte und mit Wasserdampf angereicherte
Luftmassen aufsteigen. Mit der Höhe kühlt sich diese Luft zunehmend
ab und es setzt Kondensation ein, wobei sich viele winzige
Wolkentröpfchen bilden. In der Folge wachsen diese bei entsprechenden
atmosphärischen Bedingungen weiter zu Regentropfen an, die ab dem
Erreichen einer kritischen Masse schließlich zum Erdboden fallen.


Aber wie wird der Regen eigentlich gemessen?
Der DWD betreibt ein dichtes Niederschlagsmessnetz mit einer Vielzahl
an Messstation, die über ganz Deutschland verteilt sind. Gegenwärtig
sind es insgesamt rund 1900 Messstationen, davon messen über 950
automatische Stationen minütig den Niederschlag und schicken die
Daten dann halbstündlich an die zentrale Datenbank. Darüber hinaus
gibt es noch knapp 35 (Flug-) Wetterwarten, die partiell oder sogar
rund um die Uhr mit Fachpersonal besetzt sind. Dort wird die
Niederschlagssumme stündlich abgelesen. Allerdings werden diese
Messungen durch automatische Wetteraufzeichnungen ergänzt, die den
Niederschlag zeitlich höher auflösen.


Generell müssen hauptamtliche Wetterwarten und Wetterstationen in
ihrer Lage und ihrer Ausstattung sehr genaue, international
festgelegte Vorschriften erfüllen. Nur so liefern sie Messwerte, die
weltweit vergleichbar sind. Beispielsweise wäre der Standort neben
steilen Berghängen ungünstig, weil diese die Windverhältnisse oder
Temperaturmessungen verfälschen könnten. Das Messfeld muss zudem
sauber gepflegt sein, denn auch der Pflanzenbewuchs kann das
Mikroklima am Messort beeinflussen. Eine der größten
Herausforderungen der Stationsorte besteht sicherlich in der
Einhaltung der Richtlinien über einen Zeitraum von mehreren
Jahrzehnten hinweg. Nur so können Messwerte aktuell wie auch in der
Vergangenheit miteinander verglichen werden.


Auf vielen Messfeldern finden sich sogenannte Ombrometer, die wie zu
groß geratene Thermoskannen aussehen. Diese registrieren die
Niederschlagsmenge in einem Becher, der Regen, aber auch Schnee,
Graupel oder Hagel auffängt. Eine elektronische Waage misst dabei das
Gewicht des eingesammelten Wassers, der Rechner ermittelt im
Anschluss aus der Wassermenge die entsprechende Niederschlagshöhe.
Allerdings werden die im DWD-Messnetz verwendeten ?Pluvio?-Ombrometer
zurzeit nach und nach ausgetauscht und durch Niederschlagssensoren
namens Rain[e] ersetzt, die die neueste Wägetechnologie mit einem
selbstentleerenden Mechanismus kombinieren. Die Art und die
Intensität des Niederschlags, also wie viel in einer festgelegten
Zeitspanne fällt, ermittelt der Laserniederschlagsmonitor. Er sieht
wie eine große Kamera aus. Mit seinem aufgefächerten Laserstrahl und
einem Lichtsensor kann er sogar gefrierenden Regen von Sprühregen
unterscheiden. Er ?erkennt? also die Art des Niederschlags. Das ist
vor allem bei automatisierten Wetterstationen wichtig, weil dort kein
menschlicher Beobachter mehr prüft, ob es gerade regnet oder schneit.



Weitere 900 Messungen werden dem DWD einmal täglich von den
sogenannten konventionellen Niederschlagsstationen gemeldet. Dabei
handelt es sich um ehrenamtliche Wetterbeobachter, die jeden Morgen
sowohl die Niederschlagshöhe als auch den Schneebedeckungsgrad
bestimmen und online an die Zentrale übermitteln. Ausgestattet sind
die ehrenamtlichen Wetterbeobachter mit einem sogenannten
Hellmann-Niederschlagsmesser. Aber auch diese Niederschlagsstationen
müssen gewisse Standards einhalten. Dabei ist es wichtig, dass die
den Aufstellungsort umgebenden Hindernisse, wie z. B. Gebäude, Bäume
usw., doppelt so weit vom Niederschlagsmesser entfernt sind, wie sie
an Höhe messen. Ein Gartenhaus von zwei Metern Höhe muss also
mindestens vier Meter vom Messgerät entfernt aufgestellt werden.


Neben den DWD-Stationen gibt es auch noch eine Reihe weiterer
Niederschlagsmessungen von anderen Institutionen wie dem Deutschen
Geoinformationszentrums, Landesbehörden oder von Einzelpersonen, die
aber nur zu einem geringen Teil in die zentrale Datenbank einfließen.
Denn nicht immer erfüllen die Messstationen die international
festgelegten Standards.


Bei der Niederschlagsmessung an ortsfesten Stationen handelt es sich
um sogenannte Punktmessungen. Dabei besteht jedoch das Problem, dass
man mithilfe der Messung an einem bestimmten Ort nicht immer auf die
Niederschlagsmengen in der Fläche schließen kann. Bestes Beispiel
sind lokal auftretende Schauer oder Gewitter. Dann kann auch Regen
?zwischen? den einzelnen Stationen fallen, was im Messnetz überhaupt
nicht registriert wird. In diesen Fällen können Radardaten Abhilfe
schaffen. Kombiniert man die Daten der Wetterradare mit den
Bodenniederschlagsstationen erhält man flächendeckende, räumlich und
zeitlich hoch aufgelöste Niederschlagsdaten im Echtzeitbetrieb für
Deutschland.


Und wo wird am meisten Niederschlag in Deutschland gemessen?
Im langjährigen Durchschnitt werden jährlich bundesweit rund 800 l/qm
gemessen, die höchsten Jahresmengen werden am Alpenrand verbucht
(siehe Grafik zum Tagesthema unter
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2018/11/28.html). Dort
fallen über 1000 Liter pro Quadratmeter (l/qm) im Jahr. Die Station
in Balderschwang hält dabei den Jahresrekord. Dort konnten im Jahr
1970 sagenhafte 3503,1 l/qm registriert werden. Die trockensten
Regionen liegen im Lee des Harzes zwischen Magdeburg, Leipzig und
Erfurt mit weniger als 500 l/qm pro Jahr. Im Jahr 1911 wurden an der
Station Aseleben im Südharz in Sachsen-Anhalt lediglich 209 l/qm
verzeichnet. Auch im aktuellen Jahr gibt es in der gleichen Region
rekordverdächtig trockene Stationen: Die Stationen in Artern
(Thüringen), Bad Lauchstädt und Jessnitz (beide Sachsen-Anhalt)
messen bis zum heutigen Tag eine Summe von etwa 220 l/qm (Stand:
28.11.18). Krasser Gegensatz dazu: Vielen sind wahrscheinlich noch
die Bilder des Elbhochwassers im August 2002 im Kopf. Dabei wurde die
Rekordsumme von 312 l/qm in nur 24 Stunden an der Station Zinnwald im
Erzgebirge gemessen.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 28.11.2018

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