Thema des Tages

15-01-2019 09:20

Er weht und weht und weht: Der Mistral

Wettertechnisch dominiert derzeit nur ein Thema die Medienlandschaft.
Egal, wo man hinschaut oder hinhört, "Schnee" ist allgegenwärtig und
das, obwohl im Großteil des Landes überhaupt kein Schnee liegt bzw.
der Winter dort beinahe jegliche seiner Facetten vermissen lässt.
Klar, der Schnee sorgte bzw. sorgt, vor allem am Alpenrand und den
östlichen Mittelgebirgen, für chaotische Zustände. Doch
glücklicherweise klingt der Schneefall dort heute ab und morgen hat
Frau Holle sogar Urlaub - es bleibt also trocken!

Nutzen wir doch die Gelegenheit und schauen uns mal um, was
wettertechnisch sonst noch alles so passiert ist. Lohnenswert ist
beispielsweise ein Blick Richtung Frankreich, genauer genommen ins
Rhonetal - Stichwort "Mistral". Unter dem Mistral versteht man einen
böigen, kalten und zumeist trockenen Fallwind, der aus nördlicher bis
nordwestlicher Richtung in das Rhonetal hinein und von dort in den
angrenzenden Mittelmeerraum wieder hinaus weht. Im Rhonetal,
eingepfercht zwischen Zentralmassiv im Westen und Alpen im Osten,
erfährt der Wind quasi einen Düseneffekt, durch den nicht selten
Orkanböen auftreten.

Typischerweise sind für die Entstehung des Mistrals zwei Druckgebilde
vonnöten: Ein Hoch über dem nahen Ostatlantik sowie ein Tief über
Oberitalien. Diese Wetterlage existierte nun seit über zwei Wochen -
mit größeren oder kleineren Abweichungen vom "Lehrbuch-Muster": Hoher
Luftdruck über dem nahen Ostatlantik, der Biskaya oder Irland, tiefer
Luftdruck von Skandinavien bis in den zentralen Mittelmeerraum, z.T.
mit mehreren Tiefdruckzentren.

Einer alten französischen Bauernregel nach soll der Mistral drei,
sechs oder neun Tage wehen. Dieser Ausspruch muss wohl noch etwas
ausgebaut werden, denn tatsächlich blies der Mistral seit Ende
Dezember 2018 mit Böen von 80 km/h und mehr im unteren Rhonetal.
Einem Bericht der Kolleginnen und Kollegen des französischen
Wetterdienstes MeteoFrance vom 09.01.2019 zufolge konnte die Stadt
Orange bis dato ihren elften Tag in Folge mit Windgeschwindigkeiten
über 80 km/h verzeichnen. Gestern meldete MeteoFrance sogar, dass der
Mistral dort bis zum 12.01.2019, also 14 Tage anhielt. Zuletzt kam es
in Orange im Februar 1965 zu einer solchen Serie (12 Tage).
Zusätzlich wurden dort auch Böen bis 120 km/h gemessen (Rekord bisher
126 km/h im Jahre 2000).

Im Laufe des heutigen Dienstags und morgigen Mittwochs geht dem
Mistral allmählich die Puste aus. Der nächste Mistral kommt aber
bestimmt. Mal schauen, wie lange er dann durchhält.

Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 15.01.2019

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