Thema des Tages

26-01-2019 11:20

Der Bodenwärmestrom - ein Prozess mit Auswirkungen auf Mensch und
Umwelt

Der Bodenwärmestrom beschreibt den Wärmetransport im Erdboden, der
durch eine Temperaturdifferenz zwischen dem oberflächennahen
Untergrund und tieferen Bodenschichten hervorgerufen wird.
Hauptsächlich führen die durch den Tagesgang der solaren Einstrahlung
bedingten Temperaturveränderungen in der oberen, etwa 2 Meter
mächtigen Bodenschicht zu größeren Temperaturunterschieden und somit
zu einem daraus resultierenden Wärmeausgleichsstrom. Aber auch
länger anhaltende Hitze- oder Kältewellen beeinflussen den
Bodenwärmestrom nachhaltig. Bei langen Frostperioden sitzt der Frost
teilweise tief im Boden, sodass selbst bei einer Milderung der Luft
und einer damit einhergehenden Erwärmung der oberen Bodenschichten
aus der Tiefe weiter eine kühlende Komponente wirkt.

Dies ist auch der Grund für die derzeitige Glätte bzw.
Glatteissituation. Aufgrund der frostigen Witterungsbedingungen der
letzten Tage sind im Boden bis zu einer Tiefe um 20 cm die
Temperaturen unter den Gefrierpunkt gefallen. Die einsetzende
Milderung der Luft bei auffrischendem Wind kann zwar den Schnee in
Regen wandeln, jedoch den deutlich trägeren Boden nicht gleichermaßen
schnell erwärmen. Somit führte der Bodenwärmeström dazu, dass der
Regen auf noch leicht gefrorenen Boden fällt und zu Eis erstarrte.
Die Dauer einer solchen Glätte bzw. Glatteislage ist davon abhängig,
wie kräftig die Milderung ist, wieviel Regen fällt und wie tief und
stark der Boden gefroren ist.

Im Gesamtkontext der Energiebilanz der Erdoberfläche (vgl. Graphik)
ist der Bodenwärmestrom daher ein wesentlicher Bestandteil. Zusammen
mit dem latenten (vgl. Wetterlexikon "Latente Wärmeenergie") und
fühlbaren Wärmestrom kann die Gesamtstrahlungsbilanz aus kurzwelliger
solarer und langwelliger terrestrischer Strahlung an der
Erdoberfläche erklärt werden (vgl. auch Wetterlexikon
"Strahlungshaushalt"). Die solare Strahlungsenergie, die vom Erdboden
absorbiert wird, wirkt sich jedoch je nach Bodenbeschaffenheit sehr
unterschiedlich auf die Bodentemperatur aus. In fester Erde erfolgt
der Wärmetransport im Boden nur durch die sogenannte Wärmeleitung.
Wärme fließt dabei gemäß dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik
immer nur in Richtung geringerer Temperatur. Ein Maß für die
Wärmeleitung, also den Bodenwärmestrom, ist die Wärmeleitfähigkeit,
die wiederum vom Substrat, der Lagerungsdichte, dem Wassergehalt und
anderen Parametern abhängig ist. Mit steigender Lagerungsdichte und
steigendem Wasseranteil nimmt die Wärmeleitfähigkeit des Bodens zu.

Unterschiedliche Wärmeleitfähigkeiten von Materialien und
Untergründen lassen sich auch in der Umwelt beobachten. Fällt im
Herbst oder Frühwinter der erste Schnee bleibt dieser auf der Wiese
oftmals liegen, während er auf Pflastersteinen und Straßen rasch
wieder taut. Pflastersteine oder Teer haben eine größere
Wärmeleitfähigkeit, sodass der noch warme Boden seine Wärme schneller
Richtung Erdoberfläche transportieren kann.

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.01.2019

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