Thema des Tages

24-06-2016 14:40

Hochwasser am Bodensee

Die teilweise ergiebigen Regenfälle der letzten Wochen haben nicht
nur kleine Bäche und Flüsse zum Überquellen gebracht, auch große Seen
und Flüsse reagieren auf solche Wassermassen. Während vor einem Jahr
einige Gewässer nahezu ausgetrocknet waren, sind aktuell die Pegel
vielerorts weit über die Normalwerte angestiegen. Deutlich wird dies,
wenn man das Verhalten des Bodensees betrachtet. Wer sich derzeit an
dessen Ufern aufhält, der kann ein nicht allzu häufiges
Naturschauspiel erleben, denn der Bodensee führt Hochwasser, wodurch
einige Ufer und Promenaden rund um den größten See Deutschlands
überflutet wurden.

Von einem Hochwasser spricht man am Bodensee, wenn der Wasserstand am
Pegel Konstanz die Marke von 4,80 Metern überschreitet. Am heutigen
Freitag beträgt der Wert 4,97 Meter und weist somit wieder eine
leicht abnehmende Tendenz auf. Der Höchststand von etwa 5 Metern
wurde bereits am vergangenen Dienstag erreicht, ein Pegelstand der
nur etwa alle 10 Jahre vorkommt.

Der Wasserstand des Bodensees weist im Verlauf eines Jahres typische
saisonale Schwankungen auf. So treten die jahreszeitlich niedrigsten
Wasserstände in der Regel im Winter auf, wenn der Niederschlag in den
Alpen zumeist als Schnee fällt und die Wasserzufuhr über den
Alpenrhein - einer der Hauptwasserquellen für den Bodensee - deutlich
geringer ausfällt. Die höchsten Wasserstände gibt es dann im späten
Frühjahr beziehungsweise im Sommer, wenn ein Großteil des im Winter
gefallenen Schnees abschmilzt. Ebenfalls für einen Anstieg des Pegels
sorgen schließlich die zusätzlichen Regenfälle im Einzugsgebiet des
Bodensees. Zu den Hauptzuflüssen des Bodensees gehören neben dem
Alpenrhein aus den Schweizer Alpen die Bregenzer Ach aus dem
Bregenzer Wald, sowie die kleineren Flüsse Schussen und Argen aus
Oberschwaben. Der einzige Abfluss aus dem Bodensee ist der Rhein, der
bei Stein am Rhein das Seebecken verlässt und seinen Weg Richtung
Nordsee fortsetzt.

In diesem Jahr gab es im Süden Deutschlands und insbesondere im
Bodenseeraum bereits reichliche Niederschläge. Auf ein
überdurchschnittlich nasses Frühjahr in der Bodenseeregion folgten
besonders Ende Mai und im Juni wiederholt Dauerregen- beziehungsweise
Starkregenereignisse. So fielen allein im Juni rund um den Bodensee
um 100 mm Regen, gebietsweise waren es sogar über 200 mm.

Besonders hervorzuheben sind die kräftigen und teils länger
anhaltenden Niederschläge am Donnerstag und Freitag vergangener Woche
vor allem in den Schweizer Alpen. Ein Tief hatte dabei das Land von
Südwest nach Nordost überquert und zog am Freitag bis nach Polen
weiter. Dabei fielen innerhalb von 48 Stunden beispielsweise im St.
Galler Rheintal zwischen 50 und 90 mm Regen. Als Folge stieg der
Pegel in Konstanz innerhalb weniger Tage um etwa 50 cm an. Wenn man
bedenkt, dass die Oberfläche des Sees 536 km² beträgt, entspricht
dies einem Zuwachs von 268 Millionen Kubikmeter Wasser.

Das letzte große Hochwasser gab es an Pfingsten 1999. Damals stieg
der Pegel innerhalb eines Tages um 47 cm an. Der See erreichte in
Konstanz einen Pegelstand von 5,65 Meter. Noch höher war der Pegel
nur noch im Jahr 1817, damals wurden sogar 6,23 Meter gemessen.

Aktuell weisen die Pegelstände rund um den Bodensee zwar eine leicht
abnehmende Tendenz auf, schon heute und insbesondere am morgigen
Samstag ist aber auch im Süden Deutschlands sowie im Alpenraum
vermehrt mit Schauern und Gewittern zu rechnen, die an den Alpen auch
in länger anhaltende Niederschläge übergehen können. Ein neuerliches
Ansteigen der Pegel ist also möglich.


Dipl.-Met. Johanna Anger
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 24.06.2016