Thema des Tages

22-02-2019 08:20

Im Herzen eines Gletschers

Gletscher: Die meisten Berg- oder Wintersportler waren schon mal auf
einem, doch ist es dann schwer vorstellbar, was sich unter den
eigenen Füßen verbirgt. Die wenigsten vermuten, was für eine
spannende und faszinierende Welt voller verschiedenster Eishöhlen
sich dort unten auftut.

Um zu verstehen, wie solche Eisgrotten entstehen, muss zunächst auf
die grundlegende Gletscherbildung eingegangen werden, die aber
eigentlich recht simpel ist: Gletscher entstehen, wenn im Winter mehr
Schnee fällt, als im Sommer wegschmilzt. Die Schneedecke wird durch
mehrere Schneefallereignisse also immer dicker und schwerer und unter
dieser Last werden die lockeren Schneeflocken mit der Zeit erst zu
körnigem Firn und dann zu dichtem Eis gepresst.

Die so entstehenden Schichten sind dabei, ähnlich wie die Jahresringe
eines Baumes, ein gigantisches Klimaarchiv: Wenn man einen Eiskern
aus einem Gletscher bohrt, zeigen sich die einzelnen Schichten wie
auf einer Zeitreihe. Die ältesten Schichten sind ganz unten und die
neuesten ganz oben. Dabei gibt es große Unterschiede in den einzelnen
Schichten: Während manche unzählige Luftbläschen aufweisen, sind
andere klar und glasig. Wieder andere Schichten sind voll mit Kies
und Schmutz und erzählen damit die Geschichte von Erdrutschen oder
Lawinen.

Diesen Blick in die Vergangenheit kann man hautnah in Eishöhlen im
Inneren eines Gletschers erleben.
Normalerweise entstehen solche Eishöhlen, wenn im Sommer das Eis an
der Oberfläche schmilzt und sich das Schmelzwasser seinen Weg durch
den Gletscher bahnt, durch Risse und Spalten läuft und so den
Gletscher "aushöhlt".

Es gibt aber auch polare (sogenannte "kaltbasale") Gletscher, die so
kalt sind, dass das Schmelzwasser nicht so einfach durch das Eis
fließen kann, wie bei den oben beschriebenen gemäßigten,
"warmbasalen" Gletschern (mehr darüber in einem weiteren Thema des
Tages).

Polare Gletscher finden sich z.B. auf Spitzbergen. Mehr als die
Hälfte der Fläche der Inselgruppe ist von Gletschereis bedeckt, wobei
es sich meist um kaltbasale Gletscher handelt. Das Gletschereis dort
ist so kalt, dass das Schmelzwasser nicht direkt nach unten ablaufen
kann, sondern zunächst entlang der Oberfläche fließen muss und nur
langsam Kanäle in das Eis "schnitzt", das unmittelbar an die
Oberfläche angrenzt. Manche Kanäle schaffen sich dann einen Weg zum
Boden des Gletschers und formen so Eishöhlen, die in ihrer Art sehr
besonders sind. Im Winter fallen diese Schmelzwasserhöhlen trocken.
Dann können sie begangen werden, bzw. wegen so manch nur
kaninchenlochgroßen Durchgängen auch nur "bekrochen" - und bieten
faszinierende Einblicke in das Innere eines Gletschers (siehe Fotos).


Dipl.-Met. Magdalena Bertelmann
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 22.02.2019

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