Thema des Tages

06-03-2019 12:20

BENNET versus RUZICA - Welcher Rosenmontagssturm war stärker?

In den letzten Jahren stand der Rosenmontag unter keinem guten Stern.
Vor drei Jahren bereitete Sturmtief RUZICA (7. Februar 2016) den
Organisatoren der großen Rosenmontagsumzüge Sorgenfalten. Neben den
Umzügen in Mainz und Düsseldorf wurden damals zahlreiche weitere
Umzüge abgesagt. Nur die Kölner trotzten dem Sturm. Als sich dort die
Mottowagen durch die Straßen schlängelten, schien die Sonne und die
Böen legten gerade eine Pause ein. Im darauffolgenden Jahr war es in
der Westhälfte sowie in Teilen der Mitte erneut recht stürmisch. Am
vergangenen Montag erlebten die Jecken und die Organisatoren mit
Sturmtief BENNET abermals ein "Deja-vu". Zwar wurden wieder einige
Rosenmontagsumzüge abgesagt, die großen Umzüge in Düsseldorf, Köln
und Mainz fanden aber statt. Düsseldorf verlegte den Start des Umzugs
um gut zwei Stunden nach hinten, um BENNET ein Schnippchen zu
schlagen. Aber auch die Städte Köln und Mainz blieben zur Zeit der
Umzüge von gefährlichen Sturmböen verschont.


Aber wer gewinnt das Duell des stärkeren Sturms: RUZICA oder BENNET?
Es ist sicherlich keine Überraschung, dass auf den Gipfeln der
Mittelgebirge beide Stürme am stärksten tobten. Bei RUZICA wurden auf
dem Feldberg im Schwarzwald 166 km/h und auf dem Brocken 148 km/h
gemessen. BENNET konnte mit 144 km/h auf dem Feldberg und 143 km/h
auf dem Brocken da nicht ganz mithalten - 1:0 für RUZICA! Dafür
fegten bei BENNET im Flachland an nicht gerade wenigen Orten Böen
über 100 km/h (10 - 11 Beaufort) über das Land - anders als bei
RUZICA, wo nur an wenigen Orten schwere Sturmböen oder gar
orkanartige Böen registriert wurden. BENNET schafft also den
Ausgleich (1:1)!


Um den Vergleich noch etwas qualitativer zu gestalten, kann man sich
ansehen, an wie vielen Stationen im Messnetz des Deutschen
Wetterdienstes (DWD) stürmische Böen (8 Beaufort, 62 - 74 km/h),
Sturmböen (9 Bft, 75 - 88 km/h), schwere Sturmböen (10 Bft, 89 - 102
km/h) und orkanartige Böen (11 Bft, 103 - 117 km/h) auftraten.
Während es bei BENNET an mehr als dreiviertel der DWD-Stationen zu
stürmischen Böen kam, wurden 2016 bei RUZICA nur an gut der Hälfte
der Stationen derartige Böen gemessen. Ähnlich sieht es bei den
Sturmböen aus: An 44% der Wetterstationen traten am diesjährigen
Rosenmontag Böen über 9 Beaufort auf, während dies 2016 an weniger
als einem Viertel der Orte (24%) der Fall war. Mit 22% gab es dieses
Jahr sogar an fast so vielen Stationen schwere Sturmböen wie
Sturmböen bei RUZICA! "Last but not least" setzt sich dieser Trend
auch bei den orkanartigen Böen fort. Lässt man die Stationen auf
hohen Berggipfeln sowie von Leuchttürmen auf der See außer Acht, so
wurden 2016 lediglich drei der knapp 500 Wetterstationen im Tiefland
von Böen der Stärke 11 oder 12 getroffen (0,6%): Weinbiet/Pfalz (126
km/h), Altenstadt und Geislingen/Stötten (jeweils 104 km/h). Hingegen
wurden vor zwei Tagen deutlich mehr Stationen orkanartige Böen
gemessen, beispielsweise in Gießen (110 km/h), Leipzig (105 km/h)
oder an den Flughäfen Tegel und Schönefeld in Berlin (103 km/h).


Ursache für die recht große Verbreitung der gefährlichen Sturmböen am
diesjährigen Rosenmontag war, dass sich zahlreiche Schauer- und
Gewitterlinien bildeten. Durch starke Vertikalbewegungen in deren
Umfeld wurden vielerorts die hohen Windgeschwindigkeiten aus höheren
Atmosphärenschichten bis zum Boden heruntergemischt. Zwar fand dieser
Prozess auch bei RUZICA im Bereich von Schauern statt, allerdings nur
örtlich und eng begrenzt. Daher gab es damals zwar strichweise auch
im Flachland schwere Sturmböen, oft nur wenige Kilometer entfernt
verspürte man allerdings nur einen leicht böigen Wind. Somit ist es
wenig verwunderlich, dass auch das Schadensausmaß von Sturmtief
BENNET deutlich größer war als das von RUZICA.


Damit geht das Duell eindeutig an BENNET! Schließlich war dieser
Rosenmontagssturm im Tiefland (bezogen auf die Spitzenböen des Tages)
im Mittel um knapp 10 km/h stärker als seine Kontrahentin aus dem
Jahre 2016. Die Organisatoren der drei großen Karnevalsumzüge waren
dieses Jahr folglich etwas mutiger als 2016. Aber wie sagt der Kölner
so schön: "Et hätt noch immer jot jejange" (Kölsches Grundgesetz,
Paragraph 3).


Dr. rer. nat. Markus Übel
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 06.03.2019

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