Thema des Tages

27-06-2016 14:40

Siebenschläfertag

"Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen bleiben mag" oder "Wie
das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang
bestellt".

So, oder so ähnlich steht es wohl heute in vielen Bauernkalendern,
denn am heutigen Montag den 27.06.2016 ist Siebenschläfertag. Dabei
handelt es sich um einen sogenannten Lostag, der durch historische
wetterbedingte landwirtschaftliche Beobachtungen (Bauernregeln)
festgelegt wurde. Anhand des Wetters an diesem Tag wird anhand einer
Persistenzprognose das Wetter für die kommenden Wochen vorhergesagt.

In der heutigen Meteorologie wird kein einzelner Tag, sondern
vielmehr der Zeitraum von 27. Juni bis 08. Juli betrachtet. In dieser
Phase des Jahres stellt sich häufig eine beständige Großwetterlage
über Europa ein, die den Witterungscharakter bei uns einige Wochen
lang prägt. Diese statistische Häufung wird Siebenschläferregel
genannt.

Für die Großwetterlage ist die Position des Jetstreams (Starkwindband
in der höheren Troposphäre) in hohem Grade maßgebend.

Liegt der Jetstream über dem Ostatlantik relativ weit nördlich, so
kann sich das Azorenhoch über Mitteleuropa ausdehnen, wodurch sich
eine stabile Hochdrucklage etablieren kann. Die Folge: eine längere
Phase störungsfreies Badewetter mit hochsommerlichen Temperaturen.

Liegt der Jetstream im Gegensatz dazu eher weiter südlich, dann
können atlantische Tiefausläufer immer wieder ungebremst auf
Mitteleuropa übergreifen und bei uns für nasses und zeitweise auch
kühles Wetter sorgen.

Statistische Auswertungen zeigen, dass die
Eintrittswahrscheinlichkeit der Siebenschläferregel bei den
verschiedenen Großwetterlagen unterschiedlich ausgeprägt ist. Bei
Variante 1 liegt sie zwischen 55 und 60 Prozent und bei Variante 2
zwischen 62 und 70 Prozent.

Schaut man sich die verschiedenen Produkte der aktuellen
Wettermodelle an, kommt man zu dem Schluss, dass in diesem Jahr im
"Siebenschläferzeitraum" eindeutig Variante 2 (also die
"Schlechtwettervariante") bevorzugt wird. Denn der Jetstream bleibt
über dem Ostatlantik relativ weit südlich. Wenngleich immer wieder
auch Zwischenhocheinfluss für vorübergehende "Schönwetterphasen"
sorgt, bleibt der Tiefdruckeinfluss im gesamten Zeitraum vor allem im
Norden allgegenwärtig. Im Süden des Landes werden dabei deutlich
höhere Temperaturen und (verglichen mit der Nordhälfte) längere
trockene und sonnigere Witterungsphasen erwartet.

Laut Siebenschläferregel tendiert unser Sommerwetter 2016 also mit 62
bis 70 prozentiger Wahrscheinlichkeit in Richtung wechselhaft und nur
zu kurzen heiß temperierten Phasen. Wenngleich die statistische
Relevanz dieser Tendenz nicht von der Hand zu weisen ist, heißt das
für das Wetter zu einem einzelnen Zeitpunkt und für einen Ort
natürlich relativ wenig. Selbst !wenn! sich die Siebenschläferregel
in diesem Jahr voll bestätigen sollte und wir in diesem Sommer keine
länger andauernde stabile Hochdrucklage mehr bekommen, dann gibt es
neben den regnerischen und kühlen Perioden dennoch immer wieder auch
mal sonnige und warme Phasen. Diese Abwechslung wäre ja ohnehin von
Vorteil, denn dann ist für jeden Wettergeschmack mal was dabei.

Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.06.2016