Thema des Tages

04-06-2019 07:50

Die erste Schwergewitterlage des Jahres

Nach einem kühlen und wechselhaften Mai stiegen die Temperaturen am
vergangenen Wochenende erstmals in diesem Jahr auf über 30 Grad an,
am gestrigen Montag konnten sich dann in der energiegeladenen Luft
kräftige Gewitter entladen, womit die erste Schwergewitterlage im
Jahr 2019 ins Haus stand.

Am vergangenen Wochenende kam Deutschland so richtig ins Schwitzen.
Tief FRANK zog vom Nordostatlantik knapp nördlich an den Britischen
Inseln vorbei. Auf seiner Vorderseite wurden dabei heiße Luftmassen
in einer südwestlichen Strömung aus subtropischen Breiten zu uns
geführt. In der Folge stieg die Temperatur zum ersten Mal im
aktuellen Jahr gebietsweise auf über 30 Grad an. In Geldern-Walbeck
(Nordrhein-Westfalen) sowie in Lenzen an der Elbe (Brandenburg)
wurden am Sonntag bereits 32,9 Grad gemessen, am gestrigen Montag
lagen die Höchstwerte in Langenlipsdorf (Brandenburg) sogar bei 35,1
Grad, was somit auch die bisher höchste gemessene Temperatur des
laufenden Jahres darstellt. Aber auch die Nächte sind derzeit
durchaus sommerlich temperiert. In der Nacht zum Montag wurden unter
anderem an der Wetterstation in Seesen (Niedersachsen) und auf dem
Weinbiet (Rheinland-Pfalz) bei Temperaturen um 21 Grad tropische
Nächte registriert.

Aber nicht nur die daraus resultierende starke Wärmebelastung tauchte
als Parameter auf der Warnkarte auf. Zwei Tage nach dem
meteorologischen Sommeranfang deutete sich zudem am gestrigen Montag
auch die erste Schwergewitterlage in diesem Jahr an. Denn im Vorfeld
der Kaltfront von FRANK, die rückseitig deutlich kühlere und
trockenere Luft mit sich führte, strömten nicht nur heiße, sondern
auch zunehmend feuchte Luftmassen nach Deutschland. Bereits am
Sonntagabend bildete sich von Frankreich und Belgien bis zur
Niederlande und der Nordsee eine Zone mit vergleichsweise niedrigem
Luftdruck aus, in der die sehr feuchte und energiereiche Luft aus
unterschiedlichen Richtungen zusammenströmte. Der Meteorologe spricht
in diesem Fall von einer "Konvergenz" von Luftmassen. Für die
zusammenströmende Luft gibt es dann nur einen einzigen Ausweg: Sie
muss in die Höhe aufsteigen. Dabei kühlt sie sich rasch ab und es
setzt Kondensation von Wasserdampf und somit Quellwolkenbildung ein.
Dann kann man häufig blumenkohlartig wuchernde Wolken am Himmel
beobachten, die schnell zu Gewitterwolken anwachsen können. Aber
nicht nur konvergente Winde, auch das Überströmen von Bergen kann den
nötigen Hebungsantrieb zur Auslösung von Gewittern liefern.

So bildete sich eine Gewitterlinie aus, die in der Nacht zum Montag
auf den Westen und Nordwesten Deutschlands übergriff. Nach einer
vorübergehenden Abschwächung am Montagvormittag nahm die Konvergenz
in den Mittagsstunden wieder Fahrt auf und es bildeten sich weitere,
teils kräftige Gewitter, besonders in einem breiten Streifen vom
Schwarzwald und der Schwäbischen Alb über Hessen bis zur Ostsee. Bei
heftigem Starkregen von bis zu 46 Litern pro Quadratmeter (gemessen
in einer Stunde an der Station ins Hohenstein-Breithardt im Taunus)
kam es lokal zu überfluteten Straßen und Kellern. Lokal eng begrenzt
trat auch größerer Hagel von bis zu 5 Zentimetern auf. Dazu sorgten
Sturmböen und vereinzelte schwere Sturmböen (Spitzenreiter ist die
exponiert liegende Station auf dem Weinbiet mit 104 km/h) für
umgestürzte Bäume. Im äußersten Nordwesten und Westen, wo die
Kaltfront von FRANK bereits Einzug hielt, war die Gewittertätigkeit
hingegen deutlich geringer.

Am heutigen Dienstag zieht FRANK über das Nordmeer und Skandinavien
hinweg in Richtung Barentssee. Die zugehörige Kaltfront legt sich im
Tagesverlauf immer mehr zonal über den Norden Deutschlands und geht
allmählich in die Warmfront von Tief GEBHARD mit Kern über den
Britischen Inseln über. Diese Luftmassengrenze ist jedoch recht
inaktiv und sorgt im Norden allenfalls für zeitweise dichtere Wolken.
Aber auch weiter südlich in der weiterhin schwül-warmen und
energiereichen Luft ist die Gewitterhäufigkeit heute tagsüber
geringer als im Vergleich zu gestern, fehlt es doch an eindeutig
auszumachenden Konvergenzen. Trotzdem können sich im Tagesverlauf
besonders aus dem östlichen Bergland heraus einzelne Gewitter bilden,
die lokal unwetterartig ausfallen können.

Der Fokus richtet sich dann ab den Abendstunden auf den Nordwesten
des Landes. Zwar sind sich die Modelle aus aktueller Sicht noch nicht
einig, ob von Benelux her kräftige Gewitter über den Nordwesten
hinweg ziehen werden, falls diese jedoch die Landesgrenzen am Abend
erreichen sollten, besteht eine hohe Unwettergefahr. Dann muss neben
heftigem Starkregen um 25 l/qm und größerem Hagel vor allem Böen bis
in den orkanartigen Bereich (bis 110 km/h) gerechnet werden. Zudem
kann das kurzzeitige Auftreten einzelner Tornados nicht ganz
ausgeschlossen werden.

Am Mittwoch nähert sich dann die Kaltfront von Tief GEBHARD dem
Westen an. In deren Vorfeld kommt es dann tagsüber zunächst in einem
Bereich tiefen Luftdrucks über dem westlichen Bergland zur Auslöse
einzelner Gewitter, die lokal mit heftigem Starkregen und größerem
Hagel einhergehen können. In der Nacht zum Donnerstag ziehen dann
kräftige Gewitter von der Schweiz her über den Schwarzwald hinweg in
Richtung Emsland und Nordsee.

Am Donnerstag kann die Westhälfte Deutschlands dann vorübergehend
durchschnaufen und endlich mal wieder die eigenen vier Wände
durchlüften. Die Sonne zeigt sich nur hin und wieder zwischen
vorüberziehenden Wolken, zudem ist es bei Höchstwerten um 20 Grad
deutlich kühler, aber auch angenehmer an der frischen Luft. Gewitter
werden dort dann keine mehr erwartet. Anders sieht es im Osten und
Nordosten des Landes aus. Dort entstehen im Nachmittagsverlauf etwa
vom Erzgebirge bis zur Ostsee teils kräftige Gewitter, lokal wird
dort wahrscheinlich erneut die Unwetterschwelle erreicht. Am Freitag
bleibt es tagsüber deutschlandweit meist trocken, bevor in der Nacht
zum Samstag von Westen her erneut schauerartiger Regen mit
eingelagerten Gewittern aufzieht.

MSc.-Met. Sebastian Schappert
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.06.2019

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